Diskrepanz zwischen Management und Front-Angestellten vergrössert sich

Mittwoch, 19. April 2023
In einer gross angelegten Umfrage wurden weltweit über 6000 Beschäftigte und Führungskräfte in sogenannten «Frontline-Branchen» nach ihrem Befinden befragt. Die Ergebnisse zeigen einen drastischen Bruch zwischen den Hierarchiestufen, was an der Front zu kostspieligen Fluktuationen führt. Bessere Kommunikation und attraktivere Sozialleistungen könnten Abhilfe schaffen.
Für den Bericht «Frontline 2023: Trends und Prognosen» im Auftrag der Beekeeper AG wurden aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels in Frontline-Branchen - wie Industrieproduktion, Logistik, Einzelhandel, Baubranche, Gesundheitswesen, Hotellerie oder Gastronomie - über 6000 Beschäftigte und Führungskräfte aus Europa und den USA zum Thema Mitarbeiterbindung befragt: Was motiviert, was stresst? Was trägt dazu bei, dass Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz bleiben?
 
Viele dieser Branchen leiden unter einer hohen Fluktuation und erschöpftem Personal. Das Problem, so der Befund der Befragung, liegt nicht in überzogenen Erwartungen der Belegschaft. Vielmehr zeige sich eine unzureichende Kommunikation zwischen den Hierarchiestufen: Viele Manager wissen schlicht nicht, was ihren Mitarbeitenden am Arbeitsplatz fehlt.
 

45 Prozent der Angestellten wollen ihren Arbeitsplatz verlassen

 
Die Ergebnisse der Befragung zeigen, wie hoch der Handlungsbedarf für Unternehmen ist: 45 Prozent der Angestellten planen demnach, ihren Arbeitsplatz in den kommenden Monaten zu verlassen. Die Frontline-Branchen haben mit besonders vielen Kündigungen zu kämpfen. 
 
Im Einzelhandel beispielsweise liegt die Fluktuationsrate bei 60 Prozent. 50 Prozent der stundenweise Beschäftigten kündigen ihren Arbeitsplatz innerhalb der ersten 120 Tage. Insgesamt kostet Fluktuation die Unternehmen weltweit jedes Jahr 630 Milliarden Dollar, wie aus dem «2020 Retention Report» des Work Institutes hervorgeht. Pro Mitarbeiter, der geht, rechnen Experten mit Kosten von durchschnittlich fast 12000 Franken.
 

Kommunikationsbruch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden

 
​Die Befragung zeigt Faktoren für Motivation und Mitarbeiterbindung, die nachvollziehbar und leicht umzusetzen scheinen. Sie liefert aber auch eine überraschende Erkenntnis: Für Mitarbeitende sind neben positivem Feedback vor allem berechenbare Schichten und wettbewerbsfähige Sozialleistungen wichtig.
 
Demgegenüber stehen 55 Prozent der Führungskräfte, die in Feedback und Anerkennung die besten Mittel sehen, um ihr Team zu halten. Verlässliche Schichten halten lediglich 16 Prozent für wichtig, attraktive Sozialleistungen liegen mit nur 14 Prozent sogar auf dem letzten Platz. Diese frappierenden Unterschiede deuten auf einen Kommunikationsbruch und ein zu geringes Verständnis zwischen den beiden Gruppen hin.
 
Laut Studie gehören die folgenden Punkte zu den wichtigsten Faktoren für Motivation und Mitarbeiterbindung:

• Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, die Arbeit in guter Qualität und in der vorgesehenen Zeit zu erledigen. In der Fertigungsindustrie etwa ist dies für die Hälfte der Befragten der grösste Motivator.

• Eine Führung, die sich um die Belegschaft kümmert und ihr für ihren Einsatz dankt, ist für rund die Hälfte der Mitarbeitenden in allen Branchen entscheidend.

• In den kundenorientierten Branchen wie Gesundheitsberufen, dem Einzelhandel und dem Baugewerbe stehen mit jeweils über 60 Prozent positives Feedback von Kollegen und Kunden an der Spitze der motivierenden Faktoren.

• Für 51 Prozent der Fachkräfte im Gesundheitswesen und 48 Prozent der Mitarbeitenden im Einzelhandel ist es wichtig, dass Vorgesetzte die harte Arbeit anerkennen.

• 32 Prozent der Befragten im Gesundheitswesen und 39 Prozent im Einzelhandel legen Wert auf vorhersehbare und verlässliche Schichten als einer der wichtigsten Faktoren.

• In der Fertigungsindustrie legen 49 Prozent Wert auf eine Führung, die sich aktiv für die Mitarbeitenden einsetzt. An zweiter Stelle liegen für 35 Prozent wettbewerbsfähige Sozialleistungen wie Gesundheitsfürsorge, psychologische Betreuung, Kinderbetreuung, Transport und bezahlte Freizeit.

• Ebenfalls 35 Prozent der Beschäftigten in der Fertigungsindustrie und 37 Prozent im Gesundheitswesen möchten verstehen, warum ihre Arbeit für das Unternehmen und die Gesellschaft wichtig ist.

• 32 Prozent der Beschäftigten im Baugewerbe gaben an, dass sie sich Werkzeuge und Technologien wünschen, die ihnen helfen, besser und intelligenter zu arbeiten.
 

Digitaler Nachholbedarf

Bei der Digitalisierung der Frontline-Arbeitsplätze haben alle Branchen Nachholbedarf. Besonders weit hinten liegt nach Einschätzung der Befragten die Baubranche. Diese liegt laut Bericht bei der digitalen Transformation notorisch hinter anderen Branchen zurück. In anderen Frontline-Branchen sieht es nicht viel besser aus: In der Produktion geben im deutschsprachigen Raum 85 Prozent der Beschäftigten an, mit E-Mails zu arbeiten, im Gastgewerbe sind es 81 Prozent, gefolgt von WhatsApp und SMS mit 55 bzw. 75 Prozent. Auch in Sachen Intranet gibt es mit elf Prozent in deutschen Produktionsbetrieben und 17 Prozent in der Gastronomie eher Nachholbedarf.
 
Vergleichsweise gut digitalisiert ist die Gesundheitsbranche. Hier betreiben immerhin 43 Prozent der Arbeitgeber ein Mitarbeiterportal oder ein Intranet. Nur zehn Prozent setzen eine Mitarbeiter-App für die Arbeitsorganisation ein. Solche Apps, über die Mitarbeitende ohne PC-Arbeitsplatz ortsunabhängig ihre Aufgaben managen oder auf Checklisten zugreifen können, nutzen in den DACH-Ländern nur drei Prozent der Produktionsbetriebe und acht Prozent der Arbeitgeber in der Gastronomie.
 

Fazit

«Unsere Umfrage hat ein erhebliches und folgenschweres Kommunikationsdefizit innerhalb der Frontline-Unternehmen ans Licht gebracht», sagt Cristian Grossmann, Gründer und CEO der Beekeeper AG, die den Bericht in Auftrag gegeben hat. «Die meisten Führungskräfte und Teams verbringen ihre Tage damit, zu reagieren. Brände löschen. Auf der Stelle treten. Und Symptome zu behandeln. Es ist an der Zeit, das zu ändern und sich stattdessen auf die Ursachen zu konzentrieren und schnellstmöglich herauszufinden, was Beschäftigte sich an ihrem Arbeitsplatz wünschen.»
 

Zur Studie

In einer der umfassendsten Umfragen weltweit hat Beekeeper 6000 Beschäftigte und Führungskräfte aus Europa und den USA zum Thema Mitarbeiterbindung befragt: Was motiviert, was stresst? Was trägt dazu bei, dass Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz bleiben?Die Trends und Prognosen für 2023 beruhen auf den Antworten der Nutzerinnen und Nutzer der Beekeeper-Plattform sowie auf Daten und Untersuchungen unabhängiger Dritter: «Frontline 2023: Trends und Prognosen»​
 
Beekeeper ist Anbieter einer mobilen Plattform für die Zusammenarbeit von Frontline-Teams. Die 2012 als Start-up in Zürich gegründete Kollaborationsplattform wurde unter dem Motto «Mobile First» für Mitarbeitende ohne Schreibtisch entwickelt. Die Kunden stammen vorwiegend aus dem Bauwesen, der Produktion, dem Einzelhandel, dem Gesundheitswesen, sowie dem Energiesektor. Inzwischen beschäftigt Beekeeper über 200 Mitarbeitende an sechs Standorten weltweit. Zu den Kunden in der Schweiz gehören u.a. Coop, Pilatus, Sunrise, Kantonsspital Baden, Spitex, ABB, Hirslanden.

 

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