Buch des Monats: Wie viel darf das Alter kosten?

Freitag, 02. September 2022 - Anne Yamine
Gewährleistet die schweizerische Altersvorsorge die Finanzierung eines Alters in Würde? Dieser Frage geht das Buch «Ungleichheit im Alter» nach und formuliert Inputs für einen Systemwechsel.

Älterwerden betrifft uns alle. Die zunehmende demografische Überalterung der Gesellschaft führt oft zu polemischen Diskussionen über die Finanzierung der Altersvorsorge und der Gesundheitsversorgung.

Das vorliegende Buch legt den Fokus auf ältere Menschen und ihre finanzielle Situation. Dessen Autorenduo besteht aus Nora Meuli, Ökonomin und Sozialwissenschafterin an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), und Carlo Knöpfel, Professor für Sozialpolitik und Soziale Arbeit an der FHNW. Die beiden leiten aus der Analyse eines reichen Zahlenmaterials Inputs für einen Systemwechsel in der Altersvorsorge ab. Letzterer erscheint ihnen nötig, fürchten sie doch, dass zukünftig mit dem heutigen Sozial- und Gesundheitswesen «ein Altwerden in Würde für alle […] nicht mehr gewährleistet» wäre.

Ihr Buch beinhaltet drei Teile: Teil 1 fokussiert auf die Verteilung der Einkommen, Vermögen und Ausgaben älterer Menschen in der Schweiz. Darin werden das System der Altersvorsorge und die Verteilungswirkung seiner drei Säulen analysiert. Dabei fällt auf, dass es vermögende Rentner gibt, aber auch solche, die von materieller Armut betroffen sind. Teil 2 behandelt altersspezifische Kosten, d. h. Betreuungs- und Pflegekosten. Es geht um den finanziellen Spielraum älterer, gesundheitlich eingeschränkter Personen. Die von ihnen benötigte Care-Arbeit wird vor allem von weiblichen Familienangehörigen geleistet. Fast 10 % der älteren Personen haben aber keine Familienangehörigen, weshalb die Pflege durch Professionelle übernommen werden muss. Teil 3 betrachtet die Alterspolitik, d. h. Altersvorsorge, Sozialstaat, Gesundheitswesen und Steuerpolitik, und deren Auswirkungen auf die finanzielle Situation älterer Personen. Insbesondere geht es um die Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV (und ihrer Revision von 2020), die Ungleichheiten beheben, aber auch neue schaffen würden. Betont wird der negative Anreiz der EL, der verhindere, dass es sich lohne, für die Betreuung und Pflege im Alter zu sparen.

SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen empfiehlt in ihrem Vorwort allen Entscheidungsträgern in der Sozialpolitik dieses Buch als Pflichtlektüre, denn es nähme sie in die Pflicht, «gegen Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten und Fehlanreize in unserem Sozialsystem vorzugehen».

Ungleichheit im Alter

Eine Analyse der finanziellen Spielräume älterer Menschen in der Schweiz.

Nora Meuli, Carlo Knöpfel.

Seismo-Verlag, Zürich und Genf. 2021. 224 Seiten. CHF 38.–.

ISBN 978-3-03777-250-8

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