Corona kann Berufskrankheit sein

Montag, 21. Februar 2022 - Claudio Zemp
Was braucht es, dass eine Corona-Erkrankung aus Berufskrankheit anerkannt wird, und welche Verantwortung tragen die Arbeitgebenden? Nachgefragt bei Anja Zyska Cherix, Chefärztin Arbeitsmedizin, Suva
Frau Zyska, in welchen Fällen gilt eine Covid-19-Erkrankung als Berufskrankheit?

Covid-19 kann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn die Ansteckung direkt mit der Tätigkeit in unmittelbarem Umfeld von Covid-19-Patienten passierte. Im Gesetz heisst es «mit überwiegender Wahrscheinlichkeit». Alle Unfallversicherer gehen hier nach demselben Beurteilungsstandard vor: Das heisst, dass der Zweck der Tätigkeit das Risiko einer Ansteckung direkt in sich birgt. Dies ist etwa beim Pflegepersonal gegeben, sei es auf einer Covid-Station oder bei der Betreuung von Covid-erkrankten Bewohnern im Altersheim. Aber auch das Reinigungspersonal an diesen Orten oder aber Personen, die für den Transport von Covid-Patienten zuständig sind, können eine Berufskrankheit geltend machen.

Wie muss das belegt werden?

Bei der Suva werden die Schadenfälle administrativ geführt. Die betroffene Person meldet über den Arbeitgeber einen Verdacht auf Berufskrankheit an. Die Spezialisten der Fallführung klären anschliessend mit der Person ab, die den Anspruch geltend gemacht hat. Dafür gibt es Standardfragen, bei denen typischerweise nach dem Arbeitsumfeld und der Tätigkeit gefragt wird. Wenn das alles einfach beantwortet werden kann, ist es klar und die Fallführung entscheidet. Sobald es komplizierter wird, wird der Fall unserer Abteilung Arbeitsmedizin zur Beratung vorgelegt. Wir machen dann eine Einzelfallbetrachtung.

Was ist der Vorteil für den Versicherten, wenn eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt ist?

Da gibt es einige Unterschiede zwischen UVG und Krankenversicherung. Versicherungstechnisch ist eine Berufskrankheit wie ein Unfall. Tendenziell können gewisse Leistungen vorteilhaft sein für den Versicherten. Es gibt etwa keinen Selbstbehalt, teilweise sind auch die Taggelder höher. Auch die Invaliditätsentschädigungen oder einzelne Hilfeleistungen können anders sein, je nach Versicherung. Das ist überall so, nicht nur bei Covid-19.

Ist es auch für den Arbeitgeber relevant, ob es eine Berufskrankheit ist?

Ja. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seine Mitarbeitenden vor Risiken zu schützen. Zu dieser Schutzpflicht des Arbeitgebers gehört auch, der Verbreitung von Berufskrankheiten vorzubeugen. Das ist vielleicht teilweise vergessen gegangen während der Pandemie, weil der Bund viele Schutzmassnahmen vorgegeben hat. Aber es ist eine klassische Aufgabe des Arbeitgebers. Er muss die Risiken kennen und seine Angestellten entsprechend schützen. Der Arbeitgeber kann seiner Fürsorgepflicht je nach Beurteilung der Gefährdung mit den probaten Massnahmepaketen wie Maskentragen, Hygieneregeln, Abstandhalten und Impfung nachkommen.

Wie betreibt die Suva grundsätzlich Prävention und speziell auch bezüglich Corona?

Die Suva war mit ihren beiden Geschäftsfeldern Versicherung und Prävention seit Pandemieausbruch involviert. Im Bereich Prävention war unsere Expertise bei der Arbeitssicherheit der Mitarbeitenden schon in der ersten Welle gefragt.

Die Suva half dann auch, die Massnahmen umzusetzen. Etwa mit Betriebsinspektionen, in deren Rahmen die Betriebe beraten wurden und geprüft wurde, ob die Bestimmungen des Bundesrats eingehalten werden. Zum Bespiel die Abstände in der Mittagspause oder die Möglichkeit, sich die Hände mit Seife waschen zu können, die Verfügbarkeit von Desinfektionsmittel oder das Tragen von Atemschutzmasken. Zudem hat die Suva im Dialog mit den Behörden Empfehlungen zu den Vorsichtsmassnahmen erarbeitet. Hier haben wir zum Beispiel informiert, dass die Impfung nur ein Teil des Konzepts beim Schutz vor Infektionen ist.

In der Bevölkerung sind die Massnahmen sattsam bekannt, dank der Pandemie. Sind sie auch wirksam?

Ja, die Wirkung der Hygienemassnahmen – Abstandhalten, Maskentragen, Desinfektion – und der Impfung ist erwiesen. Die Suva mischt sich nicht in politische Diskussionen zu den Vorgaben an die Bevölkerung ein. Wir setzen uns dafür ein, dass die Arbeitnehmenden im Rahmen ihrer Arbeit geschützt sind, wo es ein Risiko gibt. Wichtig ist: Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, die Risiken zu kennen und seine Arbeitnehmenden je nach Situation entsprechend zu schützen. Dafür kann er sich die Hilfe von Betriebsmedizinern holen. Und auch die Suva bietet natürlich Hand.

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