Kommission mit Schwellenmodell für BVG-Übergangsgeneration

Sonntag, 16. Oktober 2022
15 Jahrgänge der Übergangsgeneration sollen lebenslang einen Rentenzuschlag erhalten. Altersguthaben von weniger als 215'100 Franken sollen Anrecht auf den vollen Zuschlag erhalten. So will die zuständige Ständeratskommission bei der BVG-Reform die Senkung des Umwandlungssatzes abfedern.

Die Kommission für Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Ständerats hat ihr überarbeitetes Konzept der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG)  beschlossen. Man lege ein «austariertes Konzept für die Entschädigung der Übergangsgeneration» vor, heisst es in der Mitteilung. Es orientiert sich am Modell des Nationalrats, erweitert aber den Kreis der Bezüger und will tiefe Vorsorgeguthaben verstärkt besserstellen. Unerwünschte Schwelleneffekte des ursprünglichen Kommissionsvorschlags habe die SGK noch optimiert.

Die Kommission betonte in der Mitteilung - unabhängig von den Ausgleichsmassnahmen - den Willen, mit der BVG-Reform Teilzeit- und Mehrfachangestellte besserzustellen. Deshalb hielt sie auch an ihren ursprünglichen Beschlüssen fest, die Eintrittsschwelle und den Koordinationsabzug spürbar zu senken. Der Ständerat wird die Vorlage in der Wintersession behandeln.

Alles über die BVG-Reform

Rund die Hälfte der Übergangsgeneration profitiert von Zuschlägen

Kern des Konzepts der Kommission ist ein lebenslanger Rentenzuschlag für die ersten 15 Jahrgänge, die nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden. Wer zum Zeitpunkt der Pensionierung über ein Altersguthaben von 215100 Franken oder weniger verfügt, soll Anrecht auf den vollen Zuschlag haben. Dieser beträgt für die ersten fünf Jahrgänge 2400 Franken, für die folgenden Jahrgänge 1800 Franken, und für die letzten fünf Jahrgänge 1200 Franken jährlich. Gemäss Schätzungen würden damit 25% der Versicherten in der Übergangsgeneration den vollen Zuschlag erhalten.

Versicherte mit einem Altersguthaben von 215100 bis 430200 Franken haben nach dem Modell der SGK Anspruch auf einen abhängig vom Altersguthaben degressiv abgestuften Zuschlag. Davon würden schätzungsweise weitere 25% der Versicherten in der Übergangsgeneration profitieren.

Stark divergierende Modelle

Die SGK hatte sich mehr Zeit genommen auf der Suche nach einer Lösung. Deshalb fand die in der Herbstsession geplante Debatte im Ständerat nicht statt. Heftig umstritten ist, wie die tiefere Rente kompensiert werden soll, wenn der Umwandlungssatz unbestrittenermassen von 6.8 auf 6% gesenkt wird.

Der Nationalrat beschloss im Dezember 2021, dass 35 bis 40% der Rentner von 15 Übergangsjahrgängen einen Zuschlag als Kompensation für die tiefere Rente erhalten sollten, abgestuft nach Jahrgängen. Er wich damit vom von den Sozialpartnern vorgeschlagenen und dem Bundesrat unterstützten Kompromiss ab, der Zuschläge für alle Neurentner vorgesehen hatte.

Die Ständeratskommission hatte im Sommer zunächst eine grosszügigere Vorlage präsentiert, um die Chancen der Reform in einer Volksabstimmung zu erhöhen. Mit dieser ersten Lösung der Ständeratskommission hätten etwa 70% der Versicherten in der Übergangsgeneration den vollen Zuschlag erhalten und 18% einen reduzierten Zuschlag.

Auf Zusatzrunde geschickt

Die kleine Kammer entschied sich dann im Juni aber für eine Zusatzschlaufe und wies das Paket auf Antrag von Josef Dittli (FDP) noch einmal zur Überarbeitung zurück an die Kommission. Der Auftrag: beim Anrechnungsprinzip für die Übergangsgeneration eine Schwelle einführen. Der Bezügerkreis würde sonst zu gross, so der Urner Ständerat. Zudem würde dieses Modell nur rund 12 statt rund 25 Mrd. Franken kosten. Die vom Nationalrat gutgeheissene Version würde mit rund 9 Mrd. Franken zu Buche schlagen.

SGB: AHV-Denkzettel nicht genutzt

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) lehnte den Vorschlag der SGK in einer Mitteilung umgehend «kategorisch» ab. Das Modell sei teuer bezahlt und senke letztlich die Renten. Die Kommission bleibe trotz klaren Versprechen und einer sich rasant zuspitzenden Situation in den Pensionskassen sogar deutlich hinter ihren eigenen Entscheiden von vor einem halben Jahr zurück. Zudem müssten die Frauen weiterhin Jahrzehnte auf eine Verbesserung ihrer Renten warten. Bei einem Jahreslohn von 25000 Franken stiegen die Kosten für die Versicherten gemäss SGB um knapp 8 Lohnprozente auf 160 bis 250 Franken pro Monat «um dafür in 40 Jahren eine monatliche Rente von knapp 500 Franken zu erhalten». Für die tieferen Löhne und die viele unbezahlte Arbeit sollen die Frauen nun also noch mit massiven Mehrkosten in der 2. Säule bestraft werden.

Das knappe Abstimmungsresultat zur AHV-Reform habe der SGK offenbar als Denkzettel nicht ausgereicht, um den Vorschlag der Sozialpartner als Basis für die Diskussionen zu übernehmen, kritisiert der SGB. Das Modell der Sozialpartner verlangt Zuschläge für alle Neurentner.

Der Kompromiss der Sozialpartner ist umstritten, weil er die im Prinzip in der 2. Säule nicht gewünschte Umverteilung der Mittel von den Erwerbstätigen zu den Rentnern quasi auf längere Zeit zementieren würde. Die bürgerliche Mehrheit in den Räten zielt deshalb darauf ab, die Umverteilung in Milliardenhöhe zumindest zu begrenzen. (sda)

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