Rückläufige Sozialhilfezahlen

Mittwoch, 02. Februar 2022 - Gertrud E. Bollier
Seit dem Sommer 2021 liegt die Zahl der Sozialhilfebedürftigen unter dem Durchschnitt von 2019. Doch erwartet das SKOS-Monitoring einen erneuten Anstieg bis Ende 2023. Der Arbeitskräftemangel bietet auch Sozialhilfebeziehenden Chancen, der Schlüssel liegt in der Aus- und Weiterbildung.

Entgegen der Befürchtungen sind die Fallzahlen in der Sozialhilfe während der Pandemie nicht gestiegen. Seit Sommer 2021 liegen sie leicht unter dem Durchschnitt von 2019. Den Grund dafür sieht die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) in den vorgelagerten Sozialversicherungen: Corona-EO, Kurzarbeit und entsprechende Entschädigungen der Arbeitslosenversicherung.

Die Fallzahlen – hinter denen immer Menschen und Schicksale stehen – sind in den einzelnen Regionen der Schweiz unterschiedlich ausgeprägt. Generell spiegeln sie die Fallzahlen der Arbeitslosenversicherung. In Genf und Luzern mit Agglomeration sind sie durch den Tourismus und den Wegfall vieler Konferenzen geschuldet. Was die zusätzliche Ursache für den bedeutenden Rückgang im Tessin ist, bleibt momentan offen.

Quelle: SKOS-Fallzahlen Monitoring, Index 100 = Durchschnittsmonat 2019 Quelle: SKOS-Fallzahlen Monitoring, Index 100 = Durchschnittsmonat 2019

Deutlicher Anstieg der Fallzahlen bis 2023

Die Fallzahlen in der Sozialhilfe werden gemäss SKOS-Monitoring bis Ende 2023 wieder deutlich steigen. Einerseits meldet das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) per Ende 2021 mehr als doppelt so viele Langzeitarbeitslose (29000 Personen) wie Ende 2019. Viele von ihnen werden in kommenden Jahren auf Sozialhilfe angewesen sein. Andererseits erwartet die SKOS weitere 12000 Personen aus dem Flüchtlingsbereich, die aus den Bundesleistungen in die öffentliche Sozialhilfe der Kantone/Gemeinden übergehen müssen. Integrationsprogramme sind lanciert worden, doch braucht es hier einen langen Atem.

Weiter sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung, speziell der Jugendlichen, noch ungewiss. Wichtig sind hier die Schnittstellen zwischen der Invalidenversicherung und der subsidiären Sozialhilfe. Zudem befinden sich zwei Jahre nach der Pandemie viele Selbständigerwerbende in einer kritischen Situation. Der Graben zwischen Arm und Reich ist durch die Pandemie grösser geworden, wovon viele Familien betroffen sind.

Der Arbeitsmarkt ist aktuell in vielen Branchen von einem Arbeitskräftemangel geprägt. Daraus ergeben sich auch Chancen für die in der Sozialhilfe übervertretenen Personen mit tiefen beruflichen Qualifikationen.

Weiterbildungsoffensive der SKOS

Für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt braucht es eine ausreichende berufliche Bildung. Die SKOS hat sich im Dezember 2021 mit dem Arbeitgeber- und dem Gewerbeverband getroffen: Für die berufliche Integration von durch Sozialhilfe unterstützte Personen wurde ein gemeinsames Ziel definiert und es wurden Massnahmen in die Wege geleitet.

Vor drei Jahren lancierte die SKOS mit Verband für Erwachsenenbildung SVEB die Weiterbildungsoffensive: Eine Möglichkeit für alle von Sozialhilfe unterstützte Personen ohne ausreichenden Berufsabschluss sich weiterzubilden, ihre Grundkompetenzen zu verbessern und ihre Erfahrungen in der beruflichen Praxis auszubauen. Weiterbildungsangebote der betreffenden Kantone finden sich unter «besser-jetzt.ch».

Zugang zu IT verbessern

Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung in unserem Alltag geworden ist. Die SKOS empfiehlt ihren Mitgliedern die digitale Grundversorgung der unterstützten Personen zu verbessern (Finanzierung von Laptops und Anwenderkurse).

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