Trotz guter Anlagerenditen 2021 droht AHV Finanzloch

Donnerstag, 10. Februar 2022
Dank steigender Börsenkurse hat der Bund mit den drei Sozialversicherungen AHV, IV und EO im vergangenen Jahr eine höhere Nettorendite auf dem Anlagevermögen erzielt als 2020. Trotzdem bleibt das finanzielle Gleichgewicht des AHV- und des IV-Ausgleichsfonds gefährdet.

Zu diesem Schluss kommt Compenswiss, der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV) und Erwerbsersatzordnung (EO). Die öffentlich-rechtliche Anstalt des Bunds stellt die Zahlungsbereitschaft der Sozialversicherungen sowie deren Rechnungslegung und Geschäftsbericht sicher. Am Donnerstag präsentierte Compenswiss das Anlageergebnis 2021.

Dieses sei mit 5.3% insgesamt «gut» und liege leicht über der Rendite des Vorjahrs, sagte Compenswiss-Verwaltungsratspräsident Manuel Leuthold an einer Online-Medienkonferenz. Grund dafür seien der Wirtschaftsaufschwung und die steigenden Börsenkurse. Die boomenden Aktienmärkte hatten die Anlagerenditen in den vergangenen Jahren teilweise noch weit höher ausfallen lassen.

Dass die Börsenkurse die Finanzlage der Sozialwerke auch künftig verbessern werden, ist nicht in Stein gemeisselt. «Wir haben 14 goldene Jahre hinter uns. Ich glaube nicht, dass es weitere 14 Jahre sein werden», sagte Compenswiss-Direktor Eric Beval.

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Gute Erträge der drei Fonds von AHV, IV und EO

Das Gesamtvermögen ist innert Jahresfrist per 31. Dezember 2021 von 38.5 auf 40.9 Mrd. Franken gestiegen. Auf dem Anlagevermögen (Marktportfolio) wurde eine Rendite von 5.3% erzielt. Da die 1. Säule auf dem Umlageverfahren beruht, können die Gelder der Ausgleichsfonds (Zielgrösse für IV und EO je eine halbe, bzw. für die AHV eine ganze Jahresausgabe) nicht langfristig investiert werden.

Vom Gesamtvermögen von 40.9 Mrd. Franken entfallen 35.9 Milliarden auf die AHV (Rendite 4.9%), 3.6 Milliarden auf die IV (Rendite 4.1%) und 1.4 Mrd. Franken auf die EO (Rendite 5.1%). Das Vermögen der AHV ist hier ohne die IV-Schulden von 10.3 Mrd. Franken ausgewiesen. Gemäss heutiger Sicht wird der Schuldendienst auch in den kommenden Jahren – mangels Überschüsse seitens der IV – nicht getätigt werden. Hängig ist in Bundesbern das Postulat Thomas de Courten das eine Ausfinanzierung der IV-Schuld fordert.

Aufgrund des Liquiditätsbedarfs, der speziell in der IV hoch ist, kann nicht das ganze Vermögen gewinnbringend angelegt werden, sondern nur 38.3 Mrd. Franken (Marktportfolio). Dieses setzt sich aus 55% Zinsanlagen (davon 38.5% in Fremdwährungen), 26.2% Aktien, 13.4% indirekten Immobilienanlagen, sowie 3.1% Edelmetallen und 2.4% Geldmarktanlagen zusammen. Die Anlagen sind abgesichert (Performance vor Absicherung 5.6% danach 5.3%). Das Vermögen wird in 48 Mandaten und Tresorie verwaltet. 32 Mandate sind aktiv, 17 passiv. Intern werden 26 Mandate verwaltet, die 55% des Vermögens ausmachen. Die anderen 45% des Vermögens (18.5 Mrd. Franken) werden extern verwaltet.

Finanzloch wird grösser

Unabhängig von der Marktsituation reichen positive Renditen nicht aus, um die Finanzierung des AHV- und des IV-Ausgleichsfonds zu sichern. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Alterung der Bevölkerung werde die Kluft zwischen den Einnahmen und den Ausgaben jedes Jahr grösser, stellten die Compenswiss-Verantwortlichen klar.

Das Parlament hat Ende 2021 zu diesem Zweck eine AHV-Reform beschlossen, die unter anderem das Frauenrentenalter von 64 auf 65 Jahre erhöhen will. Linke Kräfte haben dagegen das Referendum ergriffen. Das Volk wird höchstwahrscheinlich im Herbst über die Vorlage abstimmen.

Perspektiven des Umlageergebnisses; jährlich, nicht kumuliert Perspektiven des Umlageergebnisses; jährlich, nicht kumuliert
Einfluss der Reform AHV 21 auf den AHV-Ausgleichsfonds Einfluss der Reform AHV 21 auf den AHV-Ausgleichsfonds

Nachhaltig anlegen

Neben der Sicherung der Finanzierung will Compenswiss die Nachhaltigkeit der Sozialwerke stärker in den Vordergrund rücken, wie Direktor Beval betonte. Anfang Jahr habe man Unternehmen aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen, die in den Sektoren Bergbau und Energieerzeugung tätig sind und mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit Kohle erwirtschaften. Diese Schwelle werde im Laufe des Jahres auf 30% gesenkt.

Darüber hinaus hat Compenswiss ein Dashboard erstellt, das als Referenz zur Messung der Nachhaltigkeit ihrer Investitionen dient. Die Messung erfolgt anhand einer Reihe von Indikatoren, die sich auf die Nachhaltigkeit, den Klimawandel und die Beiträge des Portfolios zu den Zielen der nachhaltigen Entwicklung beziehen. (sda/Gertrud Bollier)

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