Vaterschaftsurlaub ist gut angelaufen

Donnerstag, 13. April 2023 - Gregor Gubser
Seit dem 1. Januar 2021 ist der Vaterschaftsurlaub in Kraft. Der Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen, Andreas Dummermuth, zeigt sich zufrieden mit dem Start und geht davon aus, dass sich die Bezugsquote jener des Mutterschaftsurlaubs angleicht.
Herr Dummermuth, wie ist die Vaterschaftsentschädigung (VSE) entstanden?

Anfangs des 2. Weltkriegs schuf der Bundesrat auf dem Vollmachtenweg die Lohnersatzordnung für Arbeitnehmer (LEO), die Vorgängerin der heutigen Erwerbsersatzordnung (EO). Seither hat sich das Taggeldsystem der EO als flexibles, gut steuerbares und auch administrativ relativ einfaches Instrument der Sozialversicherung bewährt. So konnte nach der Mutterschaftsentschädigung (MSE) ab Mitte 2005 nun auch eine VSE auf das EO-System aufgesetzt werden. Seit dem 1. Januar 2021 können erwerbstätige Väter für 14 Tage eine Entschädigung erhalten.

Zur Person

Andreas Dummermuth ist Präsident der Konferenz der ­kantonalen Ausgleichskassen und Leiter der ­Ausgleichskasse/IV-Stelle Schwyz. Er unterrichtet angehende Sozialversicherungsfachleute, referiert
an Tagungen von vps.epas und schreibt regelmässig für Penso.

War die Umsetzung eine Herausforderung für die Ausgleichskassen?

Bei den Ausgleichskassen als Durchführungsverantwortliche war dies unproblematisch. Zugleich aber auch eine grosse Herausforderung: Denn im März 2020 schuf der Bundesrat – ebenfalls auf dem Vollmachtenweg – den Corona-Erwerbsersatz (CEE). In der Krisenzeit haben die Ausgleichskassen Leistungen von über 3.4 Mrd. Franken für CEE speditiv ausgerichtet. Auch das Instrument der CEE basierte auf dem EO-System. Damit mussten die Ausgleichskassen also zwei neue Leistungen parallel umsetzen, was dank der sehr guten Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), der Zentralen Ausgleichsstelle in Genf und den dezentralen Ausgleichskassen reibungslos verlief.

Welche Rolle spielen die Arbeitgebenden?

Die Unternehmen waren gefordert. Denn sie sind auch in die Abwicklung der VSE involviert. Aber eben: Die Erfahrungen bei der EO-Verarbeitung, der MSE und der CEE haben sicher geholfen, auch die VSE-Abwicklung zu vereinfachen.

Wieviel VSE wurden 2021 ausgerichtet, zu welchen Kosten?

Im ersten Jahr bezogen 60620 Väter eine VSE und es wurden 827770 Taggelder ausgerichtet. Der grösste Teil des Vaterschaftsurlaubs wurde am Stück und nicht tageweise bezogen. Die durchschnittliche Tagesleistung belief sich auf 169 Franken. Insgesamt ergab sich ein Aufwand von 104 Mio. Franken. Diese Kosten werden paritätisch von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden finanziert.

Entspricht das den Erwartungen der Ausgleichskassen?

Das erste Jahr muss sicher als Anlaufjahr bezeichnet werden. Denn die grössere Zahl der Anmeldungen bei der MSE zeigt, dass es massiv mehr Geburten gab als VSE beansprucht wurden.

Es nehmen also nicht alle Väter ihr Recht wahr?

Es gibt in der Versicherungswelt den Grundsatz «Keine Leistung ohne Anmeldung». Geht keine Anmeldung ein, erfolgt also auch keine VSE-Auszahlung. Aber die VSE kann wie alle anderen Leistungen auch rückwirkend angemeldet werden. Wir gehen davon aus, dass sich mittel- und langfristig ein Gleichgewicht zwischen MSE und VSE ergeben wird.

Gibt es bei der Abrechnung, z.B. bei Teilzeiterwerbstätigkeit, etwas Besonderes zu berücksichtigen?

Da die Berücksichtigung der Teilzeitarbeit bei der Arbeitszeiterfassung vom Arbeitgeber abhängt, können bei Teilzeiterwerbstätigen die Anzahl Urlaubstage ins Verhältnis des jeweiligen Beschäftigungsgrads zur Vollzeiterwerbstätigkeit gesetzt werden, um die Höhe des Taggelds festzulegen. In jedem Fall werden die ausgerichteten Taggelder so berechnet, dass die Vaterschaftsentschädigung 80% des Erwerbseinkommens abdeckt. Bei Fragen kann man sich immer an die Ausgleichskasse wenden, bei welcher der Arbeitgeber oder der Selbständige abrechnet.

Artikel teilen


Weitere Artikel zu diesem Dossier


Ausgezeichnet: Familienfreundliche Unternehmen
Beruf und Familie Arbeitgebermarke Homeoffice Teilzeit Flexibles Arbeiten

Ausgezeichnet: Familienfreundliche Unternehmen

13.04.2023

Damit Mitarbeitende Arbeit und Familie gut vereinbaren können, braucht es nicht unbedingt teure Massnahmen. Flexible Arbeitsmodelle mit der Möglichkeit, in Teilzeit oder zuhause arbeiten zu können, leisten da schon viel. Für Pro-Familia-Schweiz-Direktor Dr. Philippe Gnaegi ist es das Wichtigste, dass die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden gehört und die Regelungen tatsächlich gelebt werden.

Alle Fokus-Dossiers anzeigen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Folgen sie uns auf