Fremdsprachen-Pflichtunterricht nicht für alle Berufe zielführend

Freitag, 24. Oktober 2025
Mehr als die Hälfte der Lernenden in der beruflichen Grundbildung in der Schweiz erhält heute obligatorischen Fremdsprachenunterricht. Laut eines Berichts des Bundesrats wird ein flächendeckender obligatorischer Fremdsprachenunterricht nicht für alle Berufe empfohlen.

Die heutige Kombination aus obligatorischen und freiwilligen Angeboten bietet Lernenden ausreichend Gelegenheit, Sprachkompetenzen zu erhalten oder auszubauen – sei es über obligatorischen Unterricht, Berufsmaturität, bilinguale Angebote oder freiwillige Sprachkurse. Damit wird laut eines Berichts des Bundesrates die Chancengerechtigkeit gestärkt und der Zugang zur Tertiärstufe gewährleistet.
Ein obligatorischer Fremdsprachenunterricht in allen Berufen würde hingegen das bewährte Bottom-up-System der Berufsbildung unterlaufen, wonach die Organisationen der Arbeitswelt und nicht der Staat die Lerninhalte bestimmen. Ein Obligatorium berge zudem weitere Risiken: Denn ein solches könnte zulasten der berufspraktischen Ausbildung gehen und bildungspolitische Ziele – wie den Abschluss von 95 % aller Jugendlichen auf Sekundarstufe II – gefährden.

Kontinuierlicher Ausbau

Der Anteil der beruflichen Grundbildungen mit obligatorischem Fremdsprachenunterricht ist seit 2010 stetig gestiegen: 14 Prozent der Berufe sahen damals Sprachunterricht vor, heute sind es 22 Prozent, darunter die meistbesuchten Lehrberufe. Rechnet man die Berufsmaturität hinzu, erhalten inzwischen mehr als 50 Prozent der Lernenden obligatorisch Fremdsprachenunterricht.
Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt tragen seit Jahren zur Sprachförderung in der Berufsbildung bei. Lehrpläne werden regelmässig überprüft, Austauschprogramme und Mobilität gefördert. Zudem wurde – mit der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB) als Kompetenzzentrum – der bilinguale Unterricht ausgebaut. Die EHB berät Schulen, die zweisprachigen Unterricht einführen wollen; dazu gehören auch massgeschneiderte Schulungen. Zudem hat die EHB bilingualen Unterricht in ihre Diplomstudiengänge integriert. Auch Lehrbetriebe leisten wichtige Beiträge – etwa mit Sprachaufenthalten oder Projekten in anderen Sprachregionen.

Pflichtunterricht nicht in allen Berufen im Interesse der Jugendlichen

Im März 2024 hatte der Nationalrat ein Postulat von Nationalrätin Martina Munz (23.3694) gutgeheissen und den Bundesrat beauftragt zu prüfen, wie Fremdsprachen oder zusätzliche Landessprachen verbindlich in die Lehrpläne aller Berufe integriert werden könnten. Dies mit dem Ziel sicherzustellen, dass Lernende ihre Sprachkompetenzen mindestens auf dem Niveau der Sekundarstufe I erhalten und so den Anschluss an weiterführende Ausbildungen nicht verlieren.
Der Bundesrat kommt im vorliegenden Bericht nun zum Schluss, dass ein genereller Pflichtunterricht in allen Berufen weder zielführend noch im Interesse der Jugendlichen wäre. Er empfiehlt den Organisationen der Arbeitswelt und den Kantonen jedoch, bei der Revision bestehender oder Schaffung neuer beruflicher Grundbildungen jeweils die Integration einer zweiten Landessprache und/oder einer Fremdsprache zu prüfen und dabei insbesondere auch die Bedeutung der Landessprachen für die nationale Verständigung und den nationalen Zusammenhalt zu beachten. Zudem sollen Lernende auf das breite Angebot an freiwilligen Sprachkursen, Austauschprogrammen usw. aufmerksam gemacht und dessen Nutzung erleichtert werden.

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