Was kostet die Relocation?
Für den Bewerber bleibt unsere Dienstleistung kostenfrei – zumal es in der Schweiz verboten ist, grenzüberschreitende Personalvermittlung den Bewerbern zu verrechnen. Die Kosten gehen zulasten des Arbeitgebers. Dieser muss für das Grundangebot mit 1500 bis 2000 Franken rechnen. Wenn die Betreuung und Begleitung über mehrere Tage individuell erfolgen soll, sind nach oben keine Grenzen gesetzt. So entsteht eine Win-win-Situation. Der Kandidat hat jemanden an seiner Seite, der ihm Sicherheit und Struktur vermittelt. Der Arbeitgeber findet eine Fachkraft, die wirklich kommt und mit grosser Wahrscheinlichkeit bleibt, da viele Hürden aus dem Weg geräumt wurden. Wir haben grosses Interesse daran, dass der Bewerber aus Deutschland hier Fuss fassen kann.
Sie sprechen fortwährend von Kunden aus Deutschland. Betreuen Sie auch Bewerber aus anderen Staaten?
Unsere Kunden kommen mehrheitlich aus Deutschland. Zirka 5 Prozent stammen aus Österreich. Das hat damit zu tun, dass wir in der Deutschschweiz vernetzt sind, was sprachlich dem deutschen und österreichischen Arbeitsmarkt entgegenkommt. Arbeitssuchende aus Frankreich oder Italien dürften dieselben Bedürfnisse haben – und werden von Dienstleistern aus den entsprechenden Grenz- und Sprachregionen betreut. Ich vermute, dass Österreicher etwas andere Bedürfnisse haben als Deutsche. Sie fühlen sich im eigenen Land noch etwas wohler. Zudem sind die Landschaften in Österreich und der Schweiz ähnlicher.
Was sind die wichtigsten Bedürfnisse von Arbeitnehmenden, die in die Schweiz kommen?
Im Vordergrund steht das Bedürfnis nach einem wertschätzenden Arbeitgeber sowie Sicherheit und Wohlbefinden für die Familie. Viele fühlen sich in Deutschland nicht mehr sicher. Sei es wegen des Kriegs in der Ukraine oder wegen der Immigration. Zudem sind die Kassen leer, was sich in den Schulen und in Ausgaben für die Kultur niederschlägt. So kommt es, dass vierköpfige Familien ihre Häuser verkaufen und auswandern. Das sind grosse Umzüge mit vielen Herausforderungen und nicht einfach ein 18-Jähriger, der zwei Taschen in seinen Golf packt und mal rüberkommt.
Unterscheiden sich die Fragen und Bedürfnisse je nach Ursprungsland?
Zumindest nicht, solange es sich um EU-Bürger handelt. Hier sind die Bedürfnisse und Themen überall recht ähnlich.
Wo liegen die grössten Herausforderungen?
Viele Fachkräfte haben Probleme bei der Anerkennung von Diplomen und Berufsabschlüssen. Soziale Integration ist immer ein Thema. Der Deutsche hat eine etwas andere Mentalität als der Schweizer und muss sich erst einmal an das neue Umfeld gewöhnen, auch an die eine oder andere Sprachbarriere. Zudem gibt es Unterschiede bei der Organisation und Verfügbarkeit der Kinderbetreuung oder die Tatsache, dass der Mutterschaftsurlaub in der Schweiz deutlich kürzer und die Krankenversicherung anders organisiert ist. Eine weitere Herausforderung ist die Integration von Kindern ab der 8. Klasse – in der Schweiz liegt hier der Fokus schon auf dem Übergang in die Berufswelt. Zusammen mit dem Rückstand bei den Fremdsprachen wie Französisch kann das für die Jugendlichen sehr viel aufs Mal sein.
Konkret zu den Sozialversicherungen: Wo liegen hier die Herausforderungen?
Einwanderer haben naturgemäss nicht 44 Jahre ins System einbezahlt. Das gibt Lücken, und die fehlenden Beitragsjahre sind nicht einfach aufzuholen. In der AHV können Lücken nur sehr begrenzt aufgefüllt werden. In der Pensionskasse sind Einkäufe möglich. Zudem muss man bei Wahlsparplänen – sofern diese angeboten werden – richtig wählen. Das Krankenversicherungssystem ist eine weitere Herausforderung. In Deutschland ist das Krankentaggeld in die Krankenversicherung integriert, die vom Arbeitgeber bezahlt wird und die ganze Familie einschliesst. Das Schweizer System ist komplizierter. Die Prämien der Taggeldversicherung werden vom Lohn abgezogen, und für die Heilbehandlung müssen die Versicherten selbst eine Versicherung abschliessen, und zwar für jedes Familienmitglied einzeln. Dazu kommen die Wahlfranchise und der Selbstbehalt. Da besteht grosser Beratungsbedarf.
Steuern sind auch ein Thema. Wie wirkt sich das aus?
Je nach Einkommen unterscheidet sich die Steuerabrechnung. Ein Einwanderer mit einem Lohn unter 120000 Franken ist während fünf Jahren zunächst der Quellensteuer unterstellt. Somit erstellt er keine Steuererklärung und kann folglich keine Einkäufe in die 2. Säule oder Einzahlungen in die 3. Säule abziehen. Daher wird sein Fokus in diesen fünf Jahren nicht auf der Stärkung der Altersvorsorge liegen. Er kann mit anderen Geldanlagen flexibler investieren. Hier sollten wir in der Schweiz mehr Anreize für Einwanderer schaffen. Sonst drohen sie von Ergänzungsleistungen abhängig zu werden, wenn sie nach der Pensionierung in der Schweiz bleiben.
Wäre die Lücke wirklich so gross? Beitragszeiten in Deutschland werden ja angerechnet.
Schon, aber mit dem deutschen Lohn. Dort wird vom Bruttolohn ein relativ grosser Teil für die Steuern abgezogen, aber wenig für die Altersvorsorge. Somit wirken sich die fehlenden Beitragsjahre in der Schweiz spürbar auf die Rentenhöhe aus. Wandert jemand erst mit 50 oder 55 Jahren in die Schweiz ein, muss ich ihm raten, nach der Pensionierung wieder zurückzuziehen – er muss ja noch rund zwanzig Jahre von der Rente leben. So bekommt er einen «Boost» für die Rente, die ihm in Deutschland einen angenehmen Lebensabend ermöglicht. Für die Lebenshaltungskosten in der Schweiz ist das zu wenig, das kann er sich nicht leisten.
Wie erklären Sie den Einwanderern unser Sozialversicherungssystem?
Mit möglichst einfachen Worten. Gewissen Begriffen wie AHV, AHV-Nummer oder Pensionskasse und Unfallversicherung begegnet man im Arbeitsvertrag. Diese versuchen wir einzuordnen und mit Beispielen zu erklären. Wir sprechen das Drei-Säulen-System an und versuchen das Grundprinzip verständlich zu machen.
Wann sind Sie zufrieden mit der Relocation?
Der wichtigste Punkt ist der erste Arbeitstag. Ist die eingewanderte Fachperson da und beginnt zu arbeiten, ist das Hauptziel erreicht. Natürlich versuchen wir auch langfristigen Kontakt zu halten, wodurch Bekanntschaften und mitunter sogar Freundschaften entstehen. Ich bin richtig zufrieden, wenn der Einwanderer langfristig bleibt und nicht nach wenigen Monaten die Stelle wechselt oder in sein Heimatland zurückkehrt.
Take Aways
- Relocation Services erleichtern Einwandernden den Start – von der Jobsuche über die Wohnungssuche bis zur Aufenthaltsbewilligung.
- Der Arbeitsvertrag ist die Basis, danach folgen Wohnung, Umzug und Behördenwege. Typische Kunden sind Fachkräfte aus Deutschland, aber auch Unternehmen, die Personal im Ausland rekrutieren.
- Zentrale Herausforderungen sind Anerkennung von Diplomen, soziale Integration, Kinderbetreuung und das komplexe Sozialversicherungssystem.