«Das Büro ist dort, wo unsere Mitarbeitenden sind»

Mittwoch, 20. Januar 2021 - Claudio Zemp
Vor fünf Jahren hat die Mobiliar in einer umfassenden Übung die Arbeitsumgebung neu konzipiert. Die Bürowelt der Versicherung kommt nun weitgehend ohne feste Plätze und ohne Papierablagen aus. Der Corona-Effekt war eine Bewährungsprobe.

Nachgefragt bei Claudia Giorgetti Del Monte, Leiterin Kompetenzcenter Organisations- und Kultur­entwicklung, Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG.

Frau Giorgetti, wieso hat die Mobiliar ihre Raum­politik überarbeitet?

Eine moderne Arbeitswelt ist für die Weiterentwicklung des gesamten Unternehmens wichtig. Die Mobiliar fördert ­moderne Formen der Zusammenarbeit. Als Arbeitgeberin wollen wir auch in Zukunft die besten Leute bei uns haben. Zufriedene und engagierte Mitarbeitende sind und bleiben unser Schlüssel zum Erfolg. Sie führen schliesslich zu ­zufriedenen Kunden.

Wie lief dieser Umbau ab?

2015 haben wir uns entschieden, unsere Büros ganz neu zu denken. Wir haben work@mobiliar ins Leben gerufen – ein durchdachtes Konzept mit Liebe zum Detail, das mehr ­umfasst, als Wände neu einzufärben. Angefangen haben wir am Direktionsstandort an der Bundesgasse in Bern. Der Umbau betraf rund 2200 Leute an den drei Direktions­standorten in Bern, Nyon und Zürich. Ende November 2020 sind wir fertig geworden.

Was wollten Sie mit dem neuen Konzept verändern?

Weg mit den Mauern, um den Austausch zu erleichtern und Leute an einen Tisch zu bringen. Immer mehr weg vom organisatorischen Silodenken. Die offene Arbeitsfläche hilft uns dabei. Das gilt grundsätzlich für alle Hierarchiestufen. Jeder Mitarbeitende erhält einen Locker, es herrscht freie Arbeitsplatzwahl und eine Clear-/Clean-Desk-Politik. Ablagen und Schränke gibt es nur noch, wo sie absolut notwendig sind.

Wie sieht ein typischer Arbeitsplatz nun aus?

Es gibt keine fixen Arbeitsplätze mehr. Das Büro ist dort, wo unsere Mitarbeitenden sind – mal physisch am Unternehmensstandort, mal unterwegs, mal zu Hause. Und wenn sie an unserem Unternehmensstandort sind, sollen sie optimale Bedingungen am Arbeitsplatz vorfinden, physisch und digital. Im Gegenzug haben wir viele Austauschmöglichkeiten geschaffen, wenn unsere Mitarbeitenden gemeinsam etwas entwickeln. Das farbige Ambiente und die integrierte Kunst sind ideal für frische Ideen.

Gibt es überhaupt noch herkömmliche Nine-to-five-Einzelarbeitsplätze?

Indirekt, aber keine persönlichen Desktopcomputer mehr. Wir haben vier Zonen und arbeiten prozessorientiert, die Mitarbeitenden suchen sich den Platz, der zu ihrem Job passt. Zone 1 ist ein klassischer Arbeitsplatz: ein Tisch, an dem man stehend oder sitzend arbeiten kann, mit ein bis zwei Zusatzbildschirmen. Weit über die Hälfte der Arbeitsplätze sind so eingerichtet. Dann gibt es Fokuszonen. Dort findet man ein paar ruhige Minuten, um etwas aufs «Papier» zu bringen. Die dritte Zone sind grosse Holztische für bis zu acht Leute, die wir netzwerkorientierte Arbeitsplätze nennen. Für kreative Workshops haben wir schliesslich die Zone 4: Sofas, Sitzhocker und auch eine Arena.

Wie haben Sie den Veränderungsprozess organisiert?

Wir haben die Veränderungen behutsam eingeführt, mit einer Pilotfläche im zweiten Stock in Bern. Dort haben wir eine ­Kultur der Offenheit und Transparenz entwickelt, mit einem akribischen Begleitplan. In diesem Prozess haben wir die Mitarbeitenden auch befähigt, sich vom Ballast zu lösen.
Sie haben gesehen, was sie gewinnen. Der Prozess geht ­länger, wenn man Schritt für Schritt, Stock für Stock vorgeht. Der Vorteil war, dass die Mitarbeitenden umso ungeduldiger mitmachten, je weiter der Bauprozess fortgeschritten war. Sie wollten alle möglichst rasch in der neuen Umgebung arbeiten.

Hat sich das neue Konzept in der Coronakrise ­bewährt?

Im Moment sind unsere Büros verwaist. Wir halten uns ­natürlich an die Vorgaben und leisten unseren Beitrag, damit das Virus so rasch wie möglich verschwindet. Während des Lockdowns im März haben wir unseren Mitarbeitenden den Puls gefühlt. Die Befragungen haben gezeigt, dass das ortsunabhängige Arbeiten gut funktioniert. Der soziale Kontakt fehlt aber vielen. Sie kommen auch deswegen gern ins Büro. Dem müssen wir uns stellen. Da sind wir daran, für kommendes Jahr kosmetische Anpassungen am Konzept vorzunehmen. Mit dieser Situation hat niemand gerechnet, aber wir waren bereit.

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