Auskunftsgesuche von Arbeitnehmern

Freitag, 26. September 2025 - Philipp Meier Schleich
Verlangt ein Arbeitnehmer gestützt auf das Datenschutzgesetz Auskunft, ist eine kritische Prüfung angezeigt. Die Arbeitgeberin kann je nach Umständen berechtigt sein, die Auskunft zu verweigern oder einzuschränken.

Es dürfte der typische Fall eines arbeitnehmerseitigen Auskunftsgesuchs nach Datenschutzgesetz (DSG) sein: Der Arbeitnehmer oder seine Rechtsvertretung verlangt gestützt auf das DSG von der Arbeitgeberin das gesamte Personaldossier, alle Personendaten oder ähnliche Informationen, und zwar vor dem Hintergrund von möglichen Geld- oder Arbeitszeugnisforderungen, die allenfalls noch nicht ausdrücklich geltend gemacht werden. Dabei erscheint das Gesuch als Versuch, die Arbeitgeberin zur Abklärung der Prozessaussichten auszuforschen, an Beweismittel für Forderungen zu gelangen oder zumindest einen erheblichen Aufwand zu verursachen, indem die Arbeitgeberin gezwungen wird, das Gesuch zu prüfen und gegebenenfalls die verlangte Auskunft aufzubereiten.

Das Auskunftsrecht nach Art. 25 DSG ist ein zentrales Instrument des Datenschutzes. Jede Person kann durch Ausübung des Auskunftsrechts verlangen, dass ihr die bearbeiteten Personendaten und gewisse weitere Informationen mitgeteilt werden.[1] Dies gilt selbstverständlich auch für einen Arbeitnehmer und im Verhältnis zur Arbeitgeberin. Entsprechend kamen Arbeitgeberinnen solchen Gesuchen früher häufig nach, ohne deren Zulässigkeit zu hinterfragen. Doch seit einigen Jahren prüfen Arbeitgeberinnen vermehrt kritisch, inwiefern das gegebene Gesuch überhaupt zulässig ist. Und kommen dabei immer öfter zum Schluss, das Gesuch sei unzulässig und die Auskunft zu verweigern.

Mögliche Einwände gegen ein Auskunftsgesuch (Auswahl)
  • offensichtlich unbegründetes Gesuch (insbesondere wegen Zweckwidrigkeit)
  • in einem Gesetz vorgesehene Einschränkung (z.B. gesetzliches Berufsgeheimnis)
  • überwiegende Interessen Dritter
  • offensichtlich querulatorisches Gesuch

Zweckwidrigkeit als Verweigerungsgrund

Für die Verweigerung der Auskunft wird sich die Arbeitgeberin in solchen Fällen meist auf den Einwand der Zweckwidrigkeit berufen. Demnach kann ein Auskunftsgesuch insbesondere dann «offensichtlich unbegründet» und zu verweigern sein, wenn es einen «datenschutzwidrigen Zweck» verfolgt. Im revidierten DSG, das im Jahr 2023 in Kraft getreten ist, ist dieser Einwand ausdrücklich erwähnt.[2] Er ist aber auch Gegenstand einer Rechtsprechung des Bundesgerichts, die auf die Zeit vor Inkrafttreten des revidierten DSG zurückgeht. Schon daraus ergab sich, dass die Berufung auf das Auskunftsrecht zweckwidrig und damit rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn es nur als Vorwand dient, die andere Partei auszuforschen, Prozesschancen ­abzuklären oder mögliche Beweise zu beschaffen (sog. ­«fishing expedition»).[3]

Konkret ist es nach einer verbreiteten Formel zulässig, die Auskunft mit Verweis auf die Zweckwidrigkeit zu verweigern, wenn «dargelegt werden kann, dass das Gesuch offensichtlich in relevanter Weise einem Zweck dient, der nicht den Datenschutz betrifft». Bei den Zwecken, die den Datenschutz betreffen, ist vor allem an die Geltendmachung der weiteren Datenschutzrechte wie Widerspruchs- oder Berichtigungsrechte zu denken.[4] Keine den Datenschutz betreffende Zwecke sind dagegen «fishing expeditions» mit Blick auf mögliche Geldforderungen oder andere Forderungen gegen die Arbeitgeberin. Für die Prüfung des Gesuchs muss die Arbeitgeberin anhand der konkreten Umstände die effektiv verfolgten Zwecke zu ergründen versuchen. Diese müssen nicht zwingend denjenigen Zwecken entsprechen, auf die sich der Gesuchsteller gegenüber der Arbeitgeberin beruft.

Ergibt die Beurteilung durch die Arbeitgeberin, dass die Auskunft wegen Zweckwidrigkeit des Gesuchs zu verweigern ist, hat sie dies dem Arbeitnehmer mitzuteilen. Die Mitteilung hat in der Regel innert 30 Tagen zu erfolgen. Ist dies nicht möglich, hat sie dem Arbeitnehmer mitzuteilen, wann ihre Mitteilung erfolgen wird.[5] Hält der Arbeitnehmer die Auskunftsverweigerung für unberechtigt, kann er versuchen, sein Auskunftsrecht mittels gerichtlicher Klage durchzusetzen.[6] Hierzu hat der Arbeitnehmer ein Schlichtungsgesuch bei der zuständigen Stelle einzureichen, da als erster Schritt ein Schlichtungsverfahren zu durchlaufen ist.

Weitere mögliche Einwände gegen das Gesuch

Neben der erwähnten Zweckwidrigkeit gibt es weitere Gründe, die zur Verweigerung, zur Einschränkung oder zum Aufschub einer Auskunft berechtigen können. Infrage kommen entsprechende Bestimmungen in anderen Gesetzen, wie sie zum Beispiel für die Berufsgeheimnisse bei Medizinalberufen, Anwälten und Geistlichen statuiert sind, oder überwiegende Interessen Dritter.[7] Zudem kann ein Gesuch auch aus dem Grund zu verweigern sein, dass es offensichtlich querulatorisch ist.[8] Hinsichtlich Umfang der allfälligen Auskunft gilt zudem, dass über «Personendaten als solche» zu informieren ist. Die allfälligen Dokumente, in denen die Personendaten enthalten sind, müssen dagegen nicht zwingend herausgegeben werden.

Wichtig zu bedenken sind die Strafbestimmungen, die das DSG im Zusammenhang mit dem Auskunftsrecht vorsieht. Diese knüpfen an das vorsätzliche Erteilen einer falschen oder unvollständigen Auskunft an.[9] Für die vollständige Verweigerung einer verlangten Auskunft sieht das DSG dagegen keine Strafbarkeit vor. Dies kann bei den handelnden Personen zur Überlegung führen, im Zweifelsfall lieber gar keine als eine unvollständige (oder falsche) Auskunft zu erteilen. Zudem erscheint es aufgrund der Strafbestimmungen nicht ratsam, bei Erteilung einer Auskunft eine Vollständigkeitserklärung oder dergleichen abzugeben. In Auskunftsersuchen wird zwar oft eine solche Erklärung verlangt. Das Gesetz sieht indes keinen Anspruch auf eine solche Erklärung vor.

[1] Zu den weiteren Informationen: Art. 25 Abs. 2 DSG.
[2] Art. 26 Abs. 1 lit. c DSG, erste Variante.
[3] Vgl. BGer 8C_723/2022 vom 6.10.2023, E. 5.3; BGE 138 III 425, E. 5.5; BGE 141 III 119, E. 7.1.1.; BGer 4A_277/2020 vom 18.11.2020, E.5.3; je abrufbar z.B. unter bger.li.
[4] Vgl. Art. 32 DSG.
[5] Vgl. Art. 25 Abs. 7 DSG, Art. 18 Datenschutzverordnung (DSV).
[6] Daneben könnte auch eine Anzeige beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB, Art. 49 ff. DSG) infrage kommen, der aber in einem Einzelfall kaum tätig werden dürfte.
[7] Art. 26 Abs. 1 lit. a und lit. b DSG.
[8] Art. 26 Abs. 1 lit. c DSG, zweite Variante.
[9] Art. 60 Abs. 1 lit. a DSG.

Take Aways

  • Arbeitgebende sollten jedes Auskunftsgesuch nach DSG von Mitarbeitenden individuell prüfen.
  • Die Zwecke, die das Gesuch effektiv verfolgt sowie gegebenenfalls weitere Einschränkungsgründe sollen geprüft werden.
  • Die Frist für die Auskunft oder die Mit­teilung über eine Einschränkung beträgt in der Regel 30 Tage.
  • Das DSG enthält eine Strafandrohung für unvollständige oder falsche Auskunft.
  • Für eine Vollständigkeits­erklärung gibt es keine gesetzliche Grundlage.

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