Der Gender Pension Gap beträgt 20000 Franken

Donnerstag, 22. Juni 2023
Eine neue Studie der Swiss Life zeigt, dass Frauen im Rentenalter nach wie vor etwa ein Drittel weniger Rente erhalten. Der Gender Pension Gap bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sich Rentnerinnen finanziell weniger selbstbestimmt fühlen als Rentner. Von der Rentendifferenz direkt betroffen sind vor allem Alleinstehende.

Die Tatsache, dass Frauen im Alter weniger Renten erhalten als Männer, bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema. Swiss Life hat bereits 2019 mit einer Studie den Gender Pension Gap untersucht und 2021 spezifisch das Vorsorgerisiko Scheidung analysiert. Die neue Studie «Der Gender Pension Gap ist (k)eine Vorsorgelücke – Zahlen, Fakten und Mythen zur Rentendifferenz zwischen Frauen und Männern» zeigt mit den aktuellen Stand und beleuchtet weitere Aspekte rund um dieses wichtige Thema. «Dabei können wir zeigen, dass der Gender Pension Gap in den letzten Jahren kaum zurückging, die durchschnittliche finanzielle Zufriedenheit von Rentnerinnen erstaunlicherweise aber nicht tiefer ist als diejenige der Rentner», sagt Andreas Christen, Studienautor und Leiter des Vorsorge-Researchs von Swiss Life.

Der Gender Pension Gap beträgt nach wie vor ein Drittel

In den Jahren 2019 bis 2021 erhielten Rentnerinnen in der Schweiz laut der Studie durchschnittlich etwa ein Drittel oder rund 20000 Franken pro Jahr weniger Rente als Männer. Dieser Geschlechterunterschied hat sich in den letzten Jahren kaum verändert und fällt im internationalen Vergleich eher hoch aus: In der EU beträgt der Gender Pension Gap im Schnitt gut ein Viertel. Die Rentendifferenz ist in erster Linie auf die geschlechterspezifischen Erwerbsbiografien zurückzuführen und daher besonders in der beruflichen Vorsorge stark ausgeprägt. Das Altersvorsorgesystem spiegelt die Einkommensdifferenzen von Frauen und Männern im Erwerbsleben wider – wenn auch in abgeschwächter Form: «So betragen die durchschnittlichen Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in den Jahren vor der Pensionierung 40% bis 50% und sind somit höher als die Rentendifferenz ab 65 Jahren», hält Andreas Christen fest.

Die Geschlechterdifferenz dürfte sich langsam verkleinern

Swiss Life geht in ihrer Studie davon aus, dass der Gender Pension Gap in der Schweiz künftig abnehmen wird – allerdings nur langsam und in kleinen Schritten. Andreas Christen: «Der Grund dafür sind die sich annähernden Erwerbsbiografien von Frauen und Männern, was sich insbesondere in der beruflichen Vorsorge auswirkt.» Daten von Swiss Life zeigen eine über die letzten Jahre rückläufige Geschlechterdifferenz beim Pensionskassenguthaben von aktiven Erwerbstätigen. So war das durchschnittliche Altersguthaben von bei Swiss Life in der beruflichen Vorsorge versicherten 50-jährigen erwerbstätigen Frauen im Jahr 2010 etwa halb so hoch wie dasjenige gleichaltriger Männer. Im Jahr 2022 betrug die Differenz noch gut ein Drittel.

Ob der Gender Pension Gap spürbar ist, hängt von der Haushaltssituation ab

Mit durchschnittlich 48% am grössten ist der Rentenunterschied zwischen Verheirateten. «Genau dort hat er aber den geringsten unmittelbaren Einfluss auf den Lebensstandard, da verheiratete Paare meist eine ökonomische Einheit bilden», sagt Christen. So legen die meisten verheirateten Rentnerinnen (72%) und Rentner (81%) ihre Einkommen gemäss eigenen Angaben weitgehend zusammen. Entsprechend wirken sich paarinterne Einkommensdifferenzen kaum auf die finanzielle Zufriedenheit aus: Rentnerinnen in Paarhaushalten sind ähnlich häufig zufrieden mit der persönlichen finanziellen Situation (76%) wie Rentner (74%). Die gefühlte hohe finanzielle Sicherheit eines Ehepaarhaushalts ist gemäss Christen allerdings trügerisch: «Die Wahrscheinlichkeit ist für Frauen grösser, im Alter aufgrund einer Verwitwung oder einer Scheidung alleinstehend zu sein. So waren 2021 54% der Frauen ab 65 nicht verheiratet, aber nur 30% der Männer.» Allein zu leben, ist geschlechterunabhängig tendenziell teurer, in erster Linie aufgrund höherer Fixkosten wie fürs Wohnen.

Alleinstehenden Frauen fällt es schwerer, finanziell über die Runden zu kommen

Ökonomisch relevant ist der Gender Pension Gap vor allem bei Nichtverheirateten respektive Alleinstehenden, wobei er dort geringer als im Gesamtdurchschnitt ausfällt: Über alle Zivilstände (d. h. Geschiedene, Verwitwete und Ledige) hinweg beträgt er in dieser Bevölkerungsgruppe zwischen 10% und 20%. Dies entspricht etwa 400 bis 1100 Franken pro Monat. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass auch alleinstehende Rentnerinnen im Durchschnitt ähnlich häufig zufrieden sind mit ihrer finanziellen Situation (69%) wie alleinstehende Rentner (72%). Eine Erklärung könnte sein, dass alleinstehende Frauen im Rentenalter mit einem geringeren Budget auskommen: Im Durchschnitt benötigen sie gemäss Selbstdeklaration 12% weniger Nettoeinkommen als Männer, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dennoch geben nur 57% der alleinstehenden Rentnerinnen an, dass es für sie einfach ist, finanziell über die Runden zu kommen. Bei den alleinstehenden Rentnern sind es mit 65% mehr. Zu diesem Bild passt, dass sich 30% der alleinstehenden Rentnerinnen aus einer Liste von 15 Budgetposten (z. B. Ferien machen oder ein Auto haben) gemäss eigenen Angaben mindestens einen Aspekt nicht leisten können. Bei alleinstehenden Männern liegt dieser Wert mit 21% merklich tiefer.

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