Freizeit sparen

Dienstag, 03. Januar 2023 - Claudio Zemp
Mit dem Lebensarbeitszeitmodell Flexa können Mitarbeitende der SBB seit 2016 zusätzliche Freizeit sparen und sich eine Auszeit kaufen. Die Krux von Flexa ist das Timing beim Einlösen, sagt Stefan Schweizer im Interview.

Herr Schweizer, wie kam es, dass die SBB das Zeitsparkonto einführte?
Als die Sozialpartner 2015 den GAV 2015 verhandelten, griffen sie das Thema der Zukunftsmodelle auf. Es wurden Vorpensionierungsmodelle u. a. für besonders beanspruchte Berufsgruppen entwickelt. Zum Beispiel für die Leute im Gleisbau oder Rangierpersonal bietet die SBB seither das Modell Valida an, mit dem die Reduktion des Arbeitspensums in mehreren Schritten möglich ist – ohne Einbusse der beruflichen Altersvorsorge. Zudem wurde die Idee eines Lebensarbeitszeitmodells für alle entwickelt. Flexa kann von allen Mitarbeitenden genutzt werden. Sie können Zeit oder Geld quasi ansparen und auch wieder beziehen, in Zeitform, wobei eine angesparte Stunde als eine Stunde bezogen werden kann.


Wie wird das Modell genutzt?
Von den rund 31000 Mitarbeitenden haben bisher gut 4600 ein Konto eröffnet. Wer ein Konto hat, muss nicht immer ansparen, und das Guthaben muss nicht in einer vorgegebenen Zeit bezogen werden. Nicht bezogene Guthaben werden nur ausbezahlt, wenn man das Unternehmen verlässt. Primär sind es Bürofunktionen, aber auch bestimmte bahnnahe Funktionen wie Kundenbegleiterinnen oder Lokführer, die das Modell intensiv nutzen.


Wofür lösen die Mitarbeitenden ihr Guthaben ein?
Es gibt zwei Möglichkeiten des Bezugs: Das eine ist ein Langzeiturlaub, da muss man mindestens vier Wochen am Stück bis zu maximal drei Monaten beziehen. Die andere Möglichkeit ist die Finanzierung einer temporären Reduktion des Beschäftigungsgrads. Mitarbeitende erhalten den gleichen Lohn, müssen aber weniger dafür arbeiten. Tendenziell wird das Guthaben eher als Urlaub bezogen.


Wie beurteilen Sie das Modell aus Arbeitgebersicht?
Unter dem Strich ziehen wir aus Arbeitgebersicht eine positive Bilanz. Dieses Modell trägt zu einer hohen Arbeitgeberattraktivität bei. Flexa ermöglicht unseren Mitarbeitenden, die Themen Ferien, Erholung und Work-Live-Balance, die wesentliche Aspekte in den Anstellungsbedingungen sind, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zusätzlich mit Freizeit zu ergänzen. Auch trägt das Modell zur Personalzufriedenheit bei. Das administrative Handling konnte durch Digitalisierungsvorhaben ebenfalls bereits effizienter gestaltet werden.


Welches sind die Herausforderungen?
Die Sicherstellung der Stellvertretung bzw. der notwendigen Ressourcen bei Flexa-Bezügen. Wenn jemand bis zu drei Monate am Stück bezieht, fehlen diese Ressourcen. Dies wirkt sich auch auf die Arbeitsorganisation aus. Andere Personen müssen einspringen können. Dies setzt eine entsprechende Planung voraus. Die Führungskräfte sind gefordert, Langzeitabwesenheiten mit den Mitarbeitenden zu planen und zu besprechen. Falls keine Lösung gefunden wird, kann die Führungskraft den Antrag auf einen Flexa-Bezug einmal ablehnen. Der zweite Antrag ist im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu gewähren.


Gab es Änderungen?
Da wir das Modell mit den Sozialpartnern ausgehandelt haben, ist es Vertragsbestandteil. Per 2020 haben wir kleinere Anpassungen mit ihnen vereinbaren können. Wo wir hingegen wesentliche Fortschritte gemacht haben, ist in der sozialversicherungstechnischen Abdeckung. Hier konnten wir zusammen mit der Suva in Bezug auf die  Prämienrelevanz Klarheit schaffen.


Welche Knacknuss bleibt?
Nicht immer kann der Flexa-Urlaub zum gewünschten Zeitpunkt bezogen werden. Ein Flexa-Bezug ist idealerweise frühzeitig mit der Führungskraft abzustimmen. Die Abstimmung im Team ist essenziell, denn auch andere Mitarbeitende mit oder ohne schulpflichtige Kinder möchten ihre Ferien in den beliebten Ferienmonaten beziehen. Längere Abwesenheiten zu bewilligen, kann dadurch zu einer Knacknuss werden, da zusätzlich mit einer Ressource weniger gerechnet werden kann. Trotzdem funktioniert das Modell auf Basis von einvernehmlichen Lösungen gut.

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