Herr Alran, wie nehmen Sie im KMU-Land Schweiz den HR-Tech-Markt wahr, und welche Erfahrungen sind für Sie – gerade mit Blick auf den aktuell heiss geführten KI-Einsatz-Diskurs – am prägendsten?
Der Schweizer HR-Tech-Markt ist sehr reif und gleichzeitig bodenständig. Viele KMU sind offen für Innovation, aber sie wollen verstehen, wo Technologie wirklich hilft. Besonders beim Thema KI sehe ich viel Neugier, aber auch gesunden Pragmatismus: Es geht darum, bessere Entscheidungen schneller zu treffen. Wichtig ist, dass die Datenbasis stimmt, denn ohne saubere, vernetzte Daten bleibt jede KI nur Theorie. Genau da setzt Workday an: Wir helfen Unternehmen, die Grundlage zu schaffen, damit Technologie greifbaren Mehrwert bringt.
Wie sieht in der Schweiz ein typischer Anwendungsfall für KI-Agenten aus?
Ein gutes Beispiel aus der Schweiz ist naturenergie – ein innovatives Energieunternehmen, das Workday einsetzt, um HR-Prozesse zu digitalisieren und die Rolle von HR strategisch zu stärken. naturenergie nutzt Workday unter anderem in den Bereichen Recruiting, Talent, Performance, Learning und Compensation und profitiert dabei von einer einheitlichen Plattform, die Transparenz, Effizienz und Skalierbarkeit schafft. Aktuell bereitet sich das Unternehmen darauf vor, KI-gestützte Funktionen wie Workday Assistant und Business Process Insights zu nutzen, um Prozesse gezielt zu optimieren und Entscheidungsträger mit datenbasierten Empfehlungen zu unterstützen. So wird KI gezielt eingesetzt, um HR effizienter und wirkungsvoller zu machen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Einführung solcher KI-gestützten Lösungen gemacht?
Akzeptanz entsteht durch Transparenz und Einfachheit. Wenn Mitarbeitende verstehen, wie KI funktioniert und dass sie ihre Arbeit erleichtert und nicht ersetzt, steigt die Bereitschaft enorm. Wir und unsere Partner setzen daher stark auf Change Management und Schulung, oft schon vor dem eigentlichen Go-Live. Erfolgreiche Projekte starten klein, mit klar messbaren Zielen, und wachsen dann schrittweise.
Jüngst hat der Rechtsstreit «Derek Mobley vs. Workday Inc.» Schlagzeilen gemacht: Der über 40-jährige afroamerikanische IT-Experte Derek Mobley hat Workday aufgrund automatisierter Absagen auf KI-Diskriminierung eingeklagt, was im Mai 2025 von einem Gericht auch als Sammelklage genehmigt wurde. Wie hat der Schweizer Markt darauf reagiert?
Wir sind überzeugt, dass diese Klage unbegründet ist. Unsere KI-gestützten Recruiting-Tools treffen keine Einstellungsentscheidungen: Unsere Kunden behalten jederzeit die volle Kontrolle und die menschliche Aufsicht über ihren Einstellungsprozess. Die KI vergleicht ausschliesslich die in einer Bewerbung angegebenen Skills mit den vom Arbeitgeber definierten Anforderungen – sie ist weder darauf trainiert noch in der Lage, geschützte Merkmale wie Alter oder Herkunft zu erkennen. Unsere Kunden in der Schweiz haben grosses Verständnis dafür, wie wir Transparenz, Fairness und Aufsicht in unseren Lösungen sicherstellen.
Wie verhindern Sie, dass Ihre KI-Agenten als «unsichtbare Gatekeeper» des Schweizer Arbeitsmarkts diskriminierende Muster reproduzieren und das Recruiting-Tool zu einem Haftungsrisiko wird?
Wir bauen KI grundsätzlich nach dem Prinzip «Responsible AI by Design». Das bedeutet: Wir prüfen jede Anwendung auf mögliche Verzerrungen, messen Risiken und steuern sie aktiv über unser «Responsible AI Governance Program». Dabei orientieren wir uns an den internationalen Standards und den Vorgaben des EU AI Acts. Zusätzlich geben wir unseren Kundinnen und Kunden volle Transparenz und Kontrolle darüber, wie KI eingesetzt wird. So bleibt unsere Technologie nachvollziehbar, auditierbar und fair.
Viele HR-Verantwortliche befürchten, dass KI-Agenten Entscheidungen treffen, die nicht nachvollziehbar sind. Wie stellt Workday sicher, dass KI-basierte Tools im HR transparent und fair bleiben – gerade auch bei sensiblen Themen wie Talent- und Performance-Management?
Unsere KI-Agenten treffen keine Entscheidungen – sie unterstützen Menschen dabei, bessere und schnellere Entscheidungen zu treffen, die Verantwortung bleibt immer beim Menschen. Transparenz ist dabei zentral: Jedes KI-gestützte Feature in Workday wird mit einer klaren Dokumentation bereitgestellt, inklusive Informationen zu Datenquellen, Trainingslogik und menschlicher Aufsicht. So wissen HR-Teams jederzeit, wie eine Empfehlung zustande kommt.
Der Einsatz von KI im HR wird nicht nur bei der Automatisierung administrativer HR-Prozesse oft mit dem Versprechen von Effizienz beworben. Damit geht auch im HR die Befürchtung von Personalabbau einher. Wie begegnen Sie solchen Akzeptanzproblemen?
Ich denke, dieser Sorge liegt ein Missverständnis zugrunde. Workday KI ersetzt keine Menschen, sie unterstützt sie. Unsere Kunden nutzen KI, um Routineaufgaben zu automatisieren und mehr Zeit für Themen mit echtem Mehrwert zu gewinnen, etwa Talentförderung, Leadership oder Kultur. Wenn Mitarbeitende sehen, dass KI ihnen Arbeit abnimmt, statt sie zu verdrängen, steigt die Akzeptanz spürbar. Es geht nicht um weniger Jobs, sondern um bessere Arbeit – effizienter, sinnvoller und menschlicher.
Datenschutz und Datensicherheit werden laut einer KMU-Mittelstandstudie als grösste Risiken beim KI-Einsatz gesehen. Wie begegnet Workday der Befürchtung, dass KI-Agenten grosse Mengen sensibler Personaldaten verarbeiten – oft in Cloud-Systemen – und damit erfolgskritische Angriffsflächen schaffen?
Datensicherheit beginnt bei Workday mit Architektur. Unsere Kundinnen und Kunden behalten jederzeit volle Kontrolle über ihre Daten – sie bestimmen, wer darauf zugreifen darf und ob sie für KI-Funktionen genutzt werden. Alle europäischen Kundendaten werden ausschliesslich in Rechenzentren in Deutschland, Belgien und Irland verarbeitet. Wir sind nach ISO-Standards zertifiziert und waren das erste Unternehmen, das die Anforderungen des EU Cloud Code of Conduct vollständig erfüllt hat. Zudem wurden wir nie verpflichtet, Kundendaten an staatliche Stellen herauszugeben. Letztens folgt unsere Cloud klaren Governance-Regeln mit Mandantentrennung, End-to-End-Verschlüsselung und fein abgestuften Zugriffsrechten.
Laut HR-Software-Rankings liegt Workday im DACH-Raum mit einem Umsatz von rund 88 Millionen Euro auf Platz zehn, während SAP als Branchen-Primus rund 500 Millionen umsetzt. Welche Bedeutung haben Schweizer KMU für Ihre Wachstumsstrategie?
Wir konzentrieren uns nicht auf Rankings, sondern auf nachhaltiges Wachstum und Kundenerfolg, und dabei spielt die Schweiz eine zentrale Rolle. Unser Geschäft hier hat wesentlich zu den starken globalen Ergebnissen beigetragen: Im letzten Quartal stieg der weltweite Umsatz um über 12%, der Abo-Umsatz um 14%. Seit der Eröffnung unseres Büros und Customer Innovation Labs in Zürich verzeichnen wir ein deutliches Momentum mit neuen Kunden, vertieften Partnerschaften und grossem Vertrauen in unsere Plattform. Diese Marktnähe, kombiniert mit unserer integrierten Lösung für HR und Finanzen, bildet die Grundlage für unser weiteres Wachstum. Gerade KMU sind dabei ein wichtiger Treiber – sie profitieren besonders von flexiblen und skalierbaren Lösungen wie Workday.