Chronisch Erkrankte zeigen wenig Vertrauen in Selbstwirksamkeit und Vorsorge

Dienstag, 26. April 2022
Sich regelmässig bewegen, ausgewogen ernähren - diese Gesundheitstipps sind vielen Menschen bekannt. Doch ein nicht geringer Teil zweifelt daran, diese Tipps dauerhaft umsetzen und damit den eigenen Gesundheitszustand beeinflussen zu können. Besonders deutlich wird das bei Menschen mit chronischen Erkrankungen. Das zeigt eine Studie der Stiftung Gesundheitswissen in Deutschland.

Zusammen mit dem Institut für Demoskopie Allensbach hat die Stiftung in einer Umfrage den Blick speziell auf Menschen mit chronischen Erkrankungen gerichtet. Untersucht wurden unter anderem die Einschätzung der eigenen Selbstwirksamkeit und das Präventionsverhalten der Erkrankten. Die Studie zeigt, dass Menschen mit chronischen Erkrankungen zwar eine klare Vorstellung davon haben, was einen gesunden Lebensstil ausmacht und sie fühlen sich auch insgesamt gut informiert, aber nur 17% der Studienteilnehmenden glauben daran, mit ihrem Verhalten den eigenen Gesundheitszustand beeinflussen zu können. 29% der befragten chronisch Kranken sind sogar eher fatalistisch gestimmt und sehen für sich selbst keinerlei Einflussmöglichkeiten auf den Verlauf einer Erkrankung. Zu diesen Menschen zählen überdurchschnittlich Frauen, Erkrankte mit erheblichen Einschränkungen und chronisch Kranke, die von mehreren Krankheiten betroffen sind.

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Die Kernaussagen der Studie

Chronisch Erkrankte bzw. Menschen mit dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen geben an, Probleme zu haben, ihre Krankheit und die Auswirkungen kontrollieren zu können (28% der Befragten). Sie schreiben sich selbst nur wenig Einflussmöglichkeiten auf den weiteren Verlauf der Erkrankung zu. 51% geben an, «etwas Einfluss» zu haben, 29% so gut wie keinen. Dieser Eindruck verstärkt sich mit dem Grad der Einschränkungen im Alltag: 52% der Menschen mit erheblichen Einschränkungen schätzen ihre Einflussmöglichkeiten als sehr gering ein. Die Mehrheit der Befragten mit einer chronischen Erkrankung ist zwar der Meinung, dass die Möglichkeit besteht, die Krankheit mit Vorsorgemassnahmen zu verhindern oder zumindest die Krankheit und ihre Folgen abzuschwächen, aber je stärker sich die Menschen durch ihre Erkrankung eingeschränkt fühlen, desto mehr schwindet das Vertrauen in Präventionsmöglichkeiten (am Beispiel Diabetes ohne Einschränkungen: 68%, mit Einschränkungen: 46%). Die Vorstellungen der befragten chronisch Kranken, was ein gesundheitsorientiertes Leben ausmacht, sind recht konkret. Als besonders wichtig gelten der Verzicht auf Rauchen (87%), ausreichend Schlaf (85%), möglichst viel Bewegung (83%), die Kontrolle des eigenen Gewichts (77%), die regelmässige Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen (77%), eine gesundheitsbewusste Ernährung (72%) und die Vermeidung von Stress (70%). Ähnliche Einschätzungen geben auch die befragten Menschen ohne chronische Erkrankungen an. Die Studienteilnehmenden setzen die genannten Gesundheitsmaximen jedoch unterschiedlich ausgeprägt um: Zum Beispiel geben 39% der nicht chronisch Kranken an, regelmässig Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Bei den chronisch Kranken sind es 67%.

«Obwohl die befragten Menschen mit chronischen Erkrankungen in unserer Analyse angegeben haben, gut über ihre Erkrankung und auch über generelle Gesundheitsmaximen wie nicht zu rauchen, sich regelmässig zu bewegen, sich ausgewogen zu ernähren usw. Bescheid wissen, zweifeln sie an ihren eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Gesundheit und auch an den Möglichkeiten der Prävention. Das finde ich besorgniserregend, denn das kann gravierende Auswirkungen für die Menschen selbst und auch die Gesellschaft im Ganzen haben», sagt Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen. «Aufgrund der immer älter werdenden Gesellschaft wird es künftig immer mehr Menschen mit chronischen Erkrankungen geben. Sie darin zu bestärken, ihren Gesundheitsstatus selbst so gut es geht positiv zu beeinflussen, ihnen eine angemessene Versorgung zu bieten und gleichzeitig präventiv chronische Krankheiten einzudämmen, gehören zu den zentralen Herausforderungen unseres Gesundheitssystems.»

Hintergrund zur Untersuchung «Gesundheitsorientierung und Informationsverhalten chronisch Kranker»

Für den Gesundheitsbericht 2020 der Stiftung Gesundheitswissen wurde in 1255 mündlich-persönlichen Interviews die deutsche Bevölkerung über 16 Jahre zu wichtigen Gesundheitsthemen befragt. Die Daten wurden vom Institut für Demoskopie Allensbach als repräsentative Bevölkerungsumfrage erhoben. Die aktuelle Analyse «Gesundheitsorientierung und Informationsverhalten chronisch Kranker» stützt sich auf 521 Fälle. Ergänzend wurden Daten aus der Mediaforschung des Instituts hinzugezogen, um die Entwicklung des Informationsverhaltens in der älteren Generation zu dokumentieren, die einen grossen Teil der chronisch Kranken ausmacht. Die Erhebung fand Ende 2019 statt.

Studie im Detail

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