
Kolumne: DEI + B = ?
Vorurteile wirken sich auf alle Bereiche des Lebens aus. Engagieren wir uns aktiv für eine inklusivere Gesellschaft, tragen wir zu einer wertschätzenden und gerechten Arbeitskultur bei.
Jüngste Studien bestätigen, dass Vielfalt am Arbeitsplatz zur Zielerreichung beiträgt.
Es liegt im Interesse der Unternehmen, ihren Umgang mit Diversität zu überdenken. Zu den neuen Herausforderungen zählt der Einbezug «atypischer» Profile: neuroatypisch, mit hohem Potenzial, Legasthenie, ADHS, Hypersensibilität. Die HR-Abteilung spielt eine Schlüsselrolle beim Schaffen eines Bewusstseins und bei der Entwicklung eines fundierten Ansatzes für Vielfalt in Unternehmen.
Lange Zeit bevorzugte das vorherrschende Modell ein «typisches» Mitarbeiterprofil: stabil, anpassungsfähig, kommunikativ. Mit anderen Worten: innerhalb der Norm. Diese Standardisierung hat jedoch oft dazu geführt, dass Menschen, die anders denken, fühlen oder interagieren, unsichtbar oder ausgeschlossen wurden. Das wirkt bis heute nach. Neuroatypische Menschen machen etwa 15 bis 20% der Bevölkerung aus, sind aber in Unternehmen stark unterrepräsentiert. Das liegt daran, dass die in Unternehmen eingesetzten Ressourcen und Instrumente ihnen nicht zugutekommen. Folglich fällt es vielen schwer, eine Beschäftigung zu finden. Ihre Fähigkeiten sind real: analytische Genauigkeit, Kreativität, Belastbarkeit. Eigenschaften, die zur Leistung beitragen und die Unternehmen integrieren und fördern müssen.
Die Berücksichtigung dieser Profile darf sich nicht länger auf Behindertenpolitik oder einige symbolische Aktionen beschränken. Sie beginnt in der Rekrutierung, indem Prozesse neu gedacht werden: flexiblere Vorstellungsgespräche, kontextualisierte Tests und Soft-Skill-Beurteilungen, die nicht nur auf verbalen oder sozialen Normen basieren. Einige Unternehmen haben bereits Programme entwickelt, um autistisch oder Menschen mit hohem Potenzial einzustellen. Diese Initiativen zeigen, dass einzigartige Eigenschaften zu Stärken werden, wenn man sie fördert.
«Inklusion bedeutet nicht, Abweichungen von der Norm zu korrigieren, sondern die Norm selbst zu verändern.»
Recruiting allein reicht nicht. HR-Teams und Führungskräfte müssen geschult werden, um atypische Arbeitsweisen besser zu verstehen. Dies erfordert die Schaffung eines psychologisch sicheren Arbeitsumfelds, klarer Kommunikationsmethoden und einer Organisation, die mehr auf Vertrauen als auf Kontrolle ausgerichtet ist. Ebenso entwickelt sich die Rolle der Führungskräfte weiter: Sie werden zu Förderern und sorgen für ein integratives Umfeld, das auf spezifische Bedürfnisse eingeht, ohne zu stigmatisieren. Es muss eine Kultur der Fairness – und nicht nur der Gleichberechtigung – etabliert werden.
Über die rein wirtschaftliche Leistung hinaus trägt die Inklusion atypischer Profile zu sozialer Gerechtigkeit bei: Sie bietet jedem die Möglichkeit, sich entsprechend seinen Fähigkeiten einzubringen, ohne sich verstecken zu müssen. Auch im Hinblick auf die kollektive Leistung ist dies ein erfolgversprechender Ansatz, da vielfältige Teams innovativer, widerstandsfähiger und besser auf komplexe Herausforderungen vorbereitet sind. Vorausgesetzt, diese Vielfalt wird verstanden, anerkannt und wertgeschätzt. Inklusion bedeutet nicht, Abweichungen von der Norm zu korrigieren, sondern die Norm selbst zu verändern. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem jede Individualität zum Vorteil werden kann. Eine HR-Herausforderung, aber vor allem ein Sozialpakt, der neu erfunden werden muss.
Vorurteile wirken sich auf alle Bereiche des Lebens aus. Engagieren wir uns aktiv für eine inklusivere Gesellschaft, tragen wir zu einer wertschätzenden und gerechten Arbeitskultur bei.
Das Personalberatungsunternehmen Egon Zehnder hat die Ergebnisse des so genannten Global Board Diversity Trackers 2022 veröffentlicht. Die Studie analysiert bereits seit 2004, wie divers Verwaltungsräte in Bezug auf Geschlecht, Alter und Internationalität auf globaler Ebene aufgestellt sind. Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil diverser Verwaltungsräte nur sehr langsam steigt. Insbesondere die Schweiz hinkt bei der diversen Besetzung von Führungspositionen immer noch hinterher.
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