Best Practice: Wenn klare Kommunikation Konflikte ausräumt

Donnerstag, 24. November 2022 - Simon Bühler
Stéphane Gex ist Projektleiter bei SBB Immobilien. Grossbauprojekte bergen reichlich Konflikt. Umso wichtiger sei eine unmissverständliche Kommunikation. Doch statt als Konfliktmanager aufzutreten und nachzufragen, wo der Schuh drückt, zieht er es vor, genau hinzuhören.
Sie sind als Projektleiter auf vielen Grossbaustellen unterwegs. Mit welchen Herausforderungen sind Sie konfrontiert?

Stéphane Gex: Baustellen sind stark von Hierarchien geprägt. Man hockt nicht ständig zusammen und hat keine Zeit für lange Erörterungen von Konfliktthemen. Vielmehr sind eine klare Organisation und eine geplante Logistik entscheidend. Das bedingt eine klare Kommunikation, sonst entstehen automatisch Unklarheiten. Es ist wie in einer Küche: Zu viele Köche verderben den Brei. Klare Rollen und Zuständigkeiten sind sehr hilfreich. Und es lohnt sich, gut zuzuhören. Wenn das nicht gegeben ist, kann es schnell aus dem Ruder laufen. Ich habe schon Projekte erlebt, wo sich die Beteiligten nicht mehr im gleichen Raum aufhalten wollten.

Sie haben den CAS Wirtschaftsmediation & Konfliktmanagement an der Kaleidos Fachhochschule absolviert. Was hat Sie zu dieser Ausbildung motiviert?

Ich habe über 30-jährige Berufserfahrung im Bauprozess – früher als Architekt, später in diversen Generalunternehmungen und heute als Bauherrenvertreter. Ich ging sehr anwendungsorientiert in diese Weiterbildung und nicht, weil ich Konfliktmanager werden will. Der CAS hat insofern vor allem meine Erfahrung aus der Praxis bestätigt, aber auch neue Blickwinkel eröffnet. Ich kann die Bedürfnisse der Beteiligten heute noch besser abholen. Dabei bemühe ich mich ausdrücklich, nicht als Konfliktmanager aufzutreten und offensiv zu fragen, wo der Schuh drückt. Das wirkt schnell künstlich, und die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sich alle zurückziehen. Das ist mir während der CAS-Ausbildung aufgefallen, als ich im privaten Umfeld versucht habe, gewisse Methoden anzuwenden. Das ist wenig authentisch rübergekommen. (lacht)

Zur Person

Stéphane Gex ist Projektleiter bei SBB Immobilien und hat nach rund 30 Jahren in der Baubranche an der Fachhochschule Kaleidos den CAS «Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement» absolviert. Den bewussten Umgang mit Konflikten betrachtet er beruflich und privat als grossen Mehrwert.

Wie sieht stattdessen Ihr Konfliktmanagement-Konzept aus?

Es ist viel zielführender, bei der konkreten Besprechung über Planung und Ausführung aufmerksam zuzuhören und dabei auch auf Zwischentöne und die Körpersprache zu achten. Bei den vielen Telefon- und Video-Meetings während der Corona-Zeit fiel mir das deutlich schwerer. Bei physischen Sitzungen spüre ich hingegen sehr schnell, was die Anwesenden beschäftigt oder stört. Die Wahrnehmung von Mimik, Gestik und Emotionen ist dafür unerlässlich. Ich bin vom Naturell her wenig streitsüchtig und suche prinzipiell friedliche Lösungen. Deshalb brauche ich Instrumente, die den Frieden sicherstellen. Dafür verfolge ich keine bestimmte Methode der Konfliktprävention, sondern empfehle stattdessen eine saubere Projektorganisation mit klarer Kommunikation der Verantwortlichkeiten.

Wie lautet Ihr Fazit?

Der CAS hat mein Sensorium für Konfliktmanagement geschärft. Auf der anderen Seite habe ich die wachsende Bedeutung der Mediation erkannt. Gerade auch in der Baubranche kommen immer mehr Mediatoren zum Einsatz. Etwa als Begleitung bei der Übergabe von Miet- und Eigentumswohnungen oder bei Sanierungen, wo bewusst die Bedürfnisse abgeholt werden. Damit lassen sich nicht nur mögliche Konflikte vermeiden, sondern auch erhebliche Kosten einsparen.

Artikel teilen


Weitere Artikel zu diesem Dossier


Alle Fokus-Dossiers anzeigen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Folgen sie uns auf