Motivation und Aus­bildung der Führungskräfte ist zentral

Donnerstag, 30. November 2023 - Gregor Gubser
Eingliederung ist in Unternehmen aller Grössen möglich. Das beweist auch die ­Zurich Schweiz, die auf Initiative unseres Gesprächspartners Elia Spinas ein Re­integrationsprogramm lanciert hat und dieses erfolgreich weiterführt.

Zur Person

Elia Spinas ist Head of Customer Care und Initiant des Eingliederungs­programms, Zurich Schweiz.

Die Zurich Schweiz

Für Zurich in der Schweiz arbeiten rund 7000 Mitarbeitende, inklusive Agenturen. Betreut werden 1.4 Millionen Kunden, von Privatpersonen über KMU bis zu global tätigen Unternehmen.

Ihr Unternehmen hat Erfahrungen in der Eingliederung gemacht. Können Sie mir ein konkretes Beispiel nennen?

Elia Spinas: Zurich Schweiz durfte in Zusammenarbeit mit der SVA Zürich in den letzten zwei Jahren über 20 Eingliederungsversuche durchführen und konnte in rund 80% der Fälle anschliessend eine vollwertige Festanstellung anbieten. Ein konkretes Beispiel ist eine junge Frau, die ursprünglich einen handwerklichen Beruf erlernte, dann aber eine schwere allergische Erkrankung entwickelte und dadurch nicht mehr im erlernten Beruf arbeiten konnte. Zusammen mit der Eingliederungsberatung der SVA Zürich strebte die junge Frau sodann eine Neuorientierung in einem kaufmännischen Umfeld an. An diesem Punkt kamen wir dann als Arbeitgeberin ins Spiel, in dem wir der jungen Frau den Quereinstieg ermöglichen und mit ihr den Weg der Eingliederung gehen konnten. Heute arbeitet sie in einer Festanstellung und macht einen hervorragenden Job – ich freue mich sehr, sie im Team zu haben.

Was ist entscheidend für den Erfolg von Eingliederungen?

Entscheidend sind in erster Linie der Wille und die Motivation auf beiden Seiten – also sowohl bei der Person, die die Eingliederung anstrebt, als auch beim Unternehmen und der Führungskraft, die die Eingliederung bei sich im Team ermöglicht und eng begleitet. Es braucht eine sehr gute und offene Kommunikation aller Beteiligten, um diesen subtilen Prozess erfolgreich zu gestalten. Auch braucht es meiner Erfahrung nach ein grosses Interesse an Menschen und deren Erfahrungen, um eine oft schwierige Situation als Chance zu sehen und gemeinsam einen tollen Weg zu gehen. Im grösseren Kontext erachte ich es für ein erfolgreiches Integrationsengagement als wichtig, dass innerhalb der Organisation passende Teams ausfindig gemacht werden, in denen ein Quereinstieg optimal möglich ist. Auch ist es entscheidend, dass die betreuenden Führungskräfte auf diese wichtige und spannende Aufgabe von Experten vorbereitet und geschult werden. In Zusammenarbeit mit der IV-Personalvermittlung der SVA Zürich konnten wir diese Voraussetzungen optimal schaffen, was uns heute eine erfolgreiche Umsetzung der Eingliederungen ermöglicht.

Was waren die grössten Schwierigkeiten?

Der anspruchsvollste Teil einer jeder Eingliederung ist das schrittweise Wiederaufbauen der Belastungsfähigkeit der jeweiligen Person – und das in einem oft gänzlich neuen Berufsumfeld. Hier braucht es sehr viel Kommunikation, gegenseitiges Vertrauen und ein gewisses Einfühlungsvermögen der betreuenden Führungskraft. Das war auch im genannten Beispiel der Fall. Ich würde das aber nicht als Schwierigkeit, sondern viel lieber als wichtige und auch sehr spannende Herausforderung bezeichnen.

Was hat Ihr Unternehmen konkret getan?

Im Rahmen unseres im Jahr 2022 lancierten Reintegrationsprogramms haben wir verschiedenste Teams und Führungskräfte innerhalb von Zurich Schweiz identifiziert, bei denen wir Eingliederungen im Rahmen von Arbeitsversuchen durchführen – stets mit dem Ziel, den Personen anschliessend eine vollwertige Festanstellung anzubieten. Im Rahmen dieser Arbeitsversuche begleiten wir die Personen sorgfältig in ihrer Einarbeitung und steigern die Belastungsfähigkeit subtil in Richtung eines Zielpensums. Von dort aus streben wir dann eine Festanstellung an, wodurch wir den Eingliederungsprozess in den meisten Fällen erfolgreich abschliessen können. Dieses Programm konnten wir zusammen mit der SVA Zürich Schritt für Schritt professionalisieren, in dem wir beidseitig klare Prozesse und Strukturen geschaffen haben.

Mussten Sie zur Zusammenarbeit mit der IV überzeugt werden?

Nein. Als eine der grössten Arbeitgeberinnen der Schweiz ist es Zurich eine Herzensangelegenheit, soziale Verantwortung wahrzunehmen. Wir sind überzeugt, dass durch dieses Engagement mindestens drei Seiten profitieren. Erstens können wir diesen Menschen einen Wiedereinstieg in einem guten Umfeld ermöglichen. Zweitens erhalten wir dadurch neue Kolleginnen und Kollegen. Und drittens können wir der Gesellschaft etwas zurückgeben.

Welchen Einfluss haben finanzielle Anreize?

Direkte finanzielle Anreize sind nicht ausschlaggebend. Das Engagement zahlt sich aus unserer Perspektive absolut aus. Beispielsweise gewinnen wir Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund der gegebenen Chance topmotiviert und äusserst loyal sind. Auch entwickeln die involvierten Führungskräfte ihre Fähigkeiten rund um das immer wichtiger werdende Thema Gesundheit am Arbeitsplatz gezielt weiter, was für uns sehr wertvoll ist.

Stiess die Eingliederung bei den anderen Mitarbeitenden auf ­Widerstand?

Nein, im Gegenteil. Das Engagement wird von allen aktiv mitgetragen. Durch die Eingliederungen sehen wir alle in beeindruckender Art und Weise, welche unerwarteten Wendungen das Leben nehmen kann. Hier einen Beitrag zu leisten und betroffenen Personen eine wichtige Chance zu geben, begeistert auch die Mitarbeitenden.

Wie geht es der eingegliederten Person heute?

Es geht ihr sehr gut – sie steckt nach wie vor mitten in einer steilen Lernkurve und ist ein fester Teil des Teams. Es ist schön, sie mit an Bord zu haben.

Was sind die nächsten Schritte?

Wir haben noch viel vor und sind daran, das Engagement in weiteren Regionen in der Schweiz auszurollen, nachdem wir es an unserem Hauptsitz in Zürich initiiert und aufgebaut haben. Dass die Geschäftsleitung dieses Projekt begeistert unterstützt und wir weiter an Schwung gewinnen, freut mich sehr. Wir sind sehr daran interessiert, diesen Weg konsequent weiterzugehen und weitere Personen im Rahmen dieses Engagements bei uns willkommen zu heissen.

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