Jede und jeder fängt sich von Zeit zu Zeit eine Erkältung oder Grippe ein, mancher hat einmal Kopfschmerzen, einen verspannten Nacken oder einen Tennisarm. All das sind akute Beschwerden, die mit oder ohne medizinische Behandlung nach einigen Tagen oder wenigen Wochen abklingen oder heilen.
Anders sieht das bei chronischen Krankheiten aus. Sie begleiten die Betroffenen über einen längeren Zeitraum oder gar lebenslang, erfordern häufig während längerer Zeit medizinische Behandlungen und können die Arbeits- oder gar die Erwerbsfähigkeit einschränken. Die medizinische Behandlung wie auch der Arbeitsausfall verursachen Kosten: in der Krankenversicherung (KV), in der Krankentaggeldversicherung (KTG) und in der Invalidenversicherung (IV). Was chronische Krankheiten sind, wie verbreitet sie in der Bevölkerung sind und welche Kosten sie verursachen, umreisst dieser Artikel. In den folgenden Artikeln geht Penso der Frage nach, wie die Sozialversicherungen und die Arbeitgebenden verhindern können, dass chronische Krankheiten zum Verlust der Erwerbsfähigkeit führen.
Beispiele für chronische Krankheiten
Gemäss der Definition des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind chronische Krankheiten «Krankheiten, die lange andauern, nicht vollständig geheilt werden können und deshalb oft eine wiederholte Behandlung erforderlich machen». Dazu gehören laut gesundheitswissen.de z.B.:
- Lungenkrankheiten (Asthma bronchiale und COPD, chronische Bronchitis),
- Erkrankungen des Verdauungssystems (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, chronische Gastritis),
- neurologische Erkrankungen (Demenz, Epilepsie, Parkinson, Alzheimer oder Multiple Sklerose),
- psychische Erkrankungen (Depressionen, Schizophrenie, Angststörungen),
- Erkrankungen des Skeletts (Rheuma),
- Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus und Gicht),
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck oder Arteriosklerose),
- Frauenleiden (Endometriose),
- Suchterkrankungen (Alkoholismus) sowie
- alle Arten von Krebserkrankungen.
Millionen Menschen in der Schweiz betroffen
All diesen Krankheiten ist gemein, dass sie nicht übertragbar sind. Sie werden also nicht durch Viren oder Bakterien übertragen, sondern haben andere Ursachen. Dazu zählen laut Bundesamt für Gesundheit (BAG):
- Der Lebensstil (unausgewogene Ernährung, mangelnde Bewegung, Rauchen und übermässiger Alkoholkonsum).
- Physiologische Faktoren wie Gewicht, Blutdruck, Blutfettwerte und der Cholesterinspiegel.
- Gesellschaftliche und wirtschaftliche Faktoren: Personen mit einem niedrigeren Bildungsgrad oder einem tieferen Einkommen erkranken häufiger.
- Psychosoziale Faktoren wie chronischer Stress und Schlafprobleme.
Das BAG fasst sie unter der Bezeichnung «nichtübertragbare Krankheiten (NCD)» zusammen. Laut BAG waren in der Schweiz im Jahr 2017 2.3 Millionen Menschen ab 15 Jahren von mindestens einer der fünf häufigsten NCD (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Atemwegs- und Erkrankungen des Bewegungsapparats) betroffen. Das entspricht nahezu einem Drittel der Bevölkerung. In dieser Zahl sind psychische Erkrankungen wie Depressionen nicht eingerechnet. Nähme man diese hinzu, fiele die Anzahl an betroffenen Personen noch höher aus, schreibt das BAG auf seiner Website.
Nicht erfasst werden so allerdings übertragbare Krankheiten, die ebenfalls chronische Ausprägungen entwickeln, wie Borreliose (durch Bakterien übertragen) oder das HI-Virus, das heute mit entsprechender Behandlung kein Todesurteil mehr ist, aber einer lebenslangen medikamentösen Therapie bedarf. Hinzu kommen das Chronische Fatigue-Syndrom oder Long Covid, die infolge übertragbarer Erkrankungen auftreten können. Diesen Krankheitsbildern geht Penso in der Ausgabe 4/25 nach.
Volkswirtschaftliche Kosten von 74.2 Mrd. Franken
Wie das BAG auf Anfrage mitteilt, werden 80% der schweizerischen Gesundheitskosten durch nichtübertragbare Krankheiten verursacht. 2011 lagen die direkten volkswirtschaftlichen Kosten von NCD bei knapp 52 Mrd. Franken. Allein die Behandlung der fünf häufigsten NCD verursacht in der Schweiz pro Jahr mit 25.6 Mrd. Franken (Stand 2011) rund 40% der direkten Gesundheitskosten. Nimmt man psychische Erkrankungen und Demenz hinzu, steigt dieser Wert auf rund 51% aller Gesundheitskosten. Rechnet man die indirekten Kosten, z.B. in Form von Produktivitätsverlusten, dazu, so belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten von NCD auf 74.2 Mrd. Franken.