Höheres Rentenalter ist für den Bundesrat zurzeit keine Option

Donnerstag, 15. Mai 2025
Der Bundesrat plant die nächste AHV-Reform ohne Erhöhung des Rentenalters. Aber er will darauf hinwirken, dass die Menschen länger erwerbstätig bleiben. Erste Stossrichtungen für eine Reform für die Jahre 2030 bis 2040 liegen vor.

Auf die AHV kommen Ausgaben zu, die sie mit ihren heutigen Einnahmen nicht decken kann. Immer mehr ältere Menschen leben in der Schweiz, und in den kommenden Jahren gehen weitere Babyboomer in Pension. Milliarden kostet die bereits beschlossene 13. AHV-Rente, und weitere Kosten könnten mit der Abschaffung der Heiratsstrafe kommen.

Ohne Gegenmassnahmen drohen Milliardendefizite: 2030 hätte die AHV gemäss Schätzungen ein Umlagedefizit von rund 2.5 Mrd. Franken, 2040 wären es 5.7 Milliarden. Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Finanzierung der 13. AHV-Rente betrüge das Defizit 2030 500 Millionen und 2040 4 Mrd. Franken. Die Finanzierung des «Dreizehnten» ist aber noch nicht beschlossen. Die Vorschläge des Bundesrats dazu sind umstritten.

Erste Stossrichtungen

Unbestritten ist jedoch, dass die AHV ab 2030 Reformen braucht. Das Parlament bestellte eine Vorlage dazu bis Ende 2026. Der Bundesrat legte nun erste Stossrichtungen für diesen Reformschritt fest. Ein höheres Renten-Referenzalter ist für ihn zurzeit keine Option. Er begründet das mit dem Nein an der Urne zum höheren Rentenalter im März 2024. Spätere Pensionierungen bräuchten zudem eine lange Übergangszeit mit Kompensationsmassnahmen. Die AHV bekäme deshalb nach Auffassung des Bundesrats nicht schnell genug mehr Geld, um die Pensionierung der Babyboomer aufzufangen.

Mit Blick auf eine nächste AHV-Reform (AHV2030) will der Bundesrat allerdings prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein höheres Rentenalter in Betracht gezogen werden könnte. Ebenso will er untersuchen, ob eine vom Zivilstand unabhängige Altersvorsorge möglich wäre.

Freiwillig länger arbeiten

Die bevorstehende Reform soll aber darauf hinwirken, dass die Menschen länger arbeiten und die Wirtschaft so zu mehr Arbeitskräften kommt. Frühpensionierungen sollen weniger attraktiv werden, und das Höchstalter 70 soll fallen. Heute sind Frühpensionierungen ab 63 Jahren möglich respektive der Rentenbezug kann bis zum 70. Geburtstag aufgeschoben werden.

Mehr Einnahmen

Auch Anpassungen an den gesellschaftlichen Wandel kommen für den Bundesrat infrage. Hier nennt er individuell errechnete Erziehungs- und Betreuungsgutschriften. Die Einnahmen der AHV will der Bundesrat über die aktuellen Finanzierungsquellen erhöhen, allenfalls auch vorübergehend, um die Pensionierung der Babyboomer aufzufangen.

Die AHV wird heute zu 72% aus Lohnbeiträgen finanziert. Dazu kommen Geld aus der Mehrwertsteuer und ein Beitrag des Bunds. Dieser wird aus der Bundeskasse sowie mit Einnahmen aus Tabak- und Alkoholsteuern finanziert. Auch die Einnahmen aus der Spielbankenabgabe gehen an die AHV. Vorstellbar ist für den Bundesrat zudem ein Interventionsmechanismus. Dieser könnte eingreifen, wenn die finanzielle Lage der AHV sich verschlechtert oder wenn politische Entscheide nicht rechtzeitig vorliegen.

Vernehmlassung Anfang 2026

Aber auch Missbräuche, etwa im Zusammenhang mit Dividenden, für die keine AHV-Beiträge bezahlt werden müssen, will der Bundesrat bekämpfen. Auch die Digitalisierung will er angehen, und er will vom Departement des Innern abgeklärt haben, wie die Datengrundlagen für künftige Reformen verbessert werden könnten.

Der Bundesrat will nun die verschiedenen Stossrichtungen für die nächste AHV-Reform prüfen und im kommenden Herbst Leitlinien vorstellen. Anfang 2026 will er die Vernehmlassung eröffnen.

Reaktionen der Sozialpartner

Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund ist mit der AHV2030 das höhere Rentenalter vom Tisch. Der Bundesrat anerkenne das 75%-Nein an der Urne 2024. Der Arbeitgeber- und der Gewerbeverband hingegen halten ein höheres AHV-Alter weiterhin für unabdingbar.

Entgegen den Plänen des Bundesrats lassen sich die Probleme der AHV-Finanzierung für den Schweizerischen Arbeitgeberverband, den Schweizerischen Gewerbeverband und den Schweizerischen Verband für Seniorenfragen ohne ein höheres Rentenalter nicht lösen.

Die drei Verbände stellen sich hinter Massnahmen für eine attraktivere Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus. Grundsätzlich kommt für sie zur Finanzierung der 13. AHV-Rente nur die Mehrwertsteuer in Frage. Zudem haben die drei Verbände «acht Forderungen für eine zukunftsfähige AHV» publiziert. 

SGB: Respektierung des Volkswillens

Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) sind mit dem Vorschlag des Bundesrats generelle Rentenalterserhöhungen kein Thema mehr. Die Landesregierung respektiere den Willen der Stimmbevölkerung, die sich im März 2024 mit 75% gegen eine Initiative der Jungfreisinnigen zur Erhöhung ausgesprochen hatte.

Enttäuschend seien aber die einseitigen Massnahmen für längeres Arbeiten. Antworten auf konkrete Probleme fehlten: So seien keine Rentenerhöhungen für Personen mit tiefen Einkommen vorgesehen. Dies, obwohl sich Arbeitgeber und alle bürgerlichen Parteien noch vor einem Jahr dafür ausgesprochen hätten.

Kritik an Aufhebung des Höchstalters

Der Arbeitnehmerdachverband TravailSuisse teilt die Ansicht der Regierung, dass eine Rentenalterserhöhung nicht mehrheitsfähig ist. Er kann aber nicht nachvollziehen, warum keine neuen Finanzierungsformen einfliessen, etwa die Finanztransaktionssteuer, eine Erbschaftssteuer oder ein Teil des Nationalbankgewinns.

Die Weiterbeschäftigung im Alter betrachtet Travailsuisse skeptisch, insbesondere die Aufhebung des Höchstalters von 70 Jahren. Auch eine Erschwerung von Frühpensionierungen kritisiert der Verband mit Verweis auf die körperliche Belastung etlicher Berufe.

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