Seit der Einführung der Stellenmeldepflicht am 1. Juli 2018 sind Arbeitgebende gesetzlich verpflichtet, offene Stellen in Berufsarten mit einer überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit den regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Stellensuchende, die bei einem RAV angemeldet sind, erhalten einen Informationsvorsprung und können sich während fünf Arbeitstagen bewerben, bevor die Arbeitgebenden die Stellen öffentlich ausschreiben dürfen.
Die Gesetzgebung zur Stellenmeldepflicht ist mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) kompatibel. Auch EU/EFTA-Angehörige können meldepflichtige Stellen während des Informationsvorsprungs einsehen, wenn sie sich bei einem RAV zur Stellensuche einschreiben. Für die Einschreibung müssen sie jedoch in der Schweiz anwesend sein (Wohnsitz). Einzig Grenzgänger können sich bei den RAV für die Stellensuche anmelden und weiterhin im Ausland wohnen.
Stärkung der Arbeitsvermittlung
Für die Stellenmeldungen bei den RAV stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Online über die Stellenvermittlungsplattform Job-Room auf arbeit.swiss,
- beim zuständigen RAV, persönlich, per Mail oder telefonisch,
- oder bei grosser Zahl an Meldungen über eine automatisierte API-Schnittstelle.
Eingegangene Stellen werden von den RAV umgehend geprüft und auf der Stellenvermittlungsplattform Job-Room aufgeschaltet. Das RAV bestätigt die Aufschaltung. Am ersten Arbeitstag nach der Aufschaltung beginnt die Publikationssperrfrist von fünf Arbeitstagen. Danach dürfen diese Stellen anderweitig ausgeschrieben werden. Innerhalb von drei Arbeitstagen übermitteln die RAV den Arbeitgebenden Dossiers mit passenden Kandidatinnen und Kandidaten oder fordern diese zur Bewerbung auf. Falls sie keine passenden Dossiers finden, teilen sie dies den Arbeitgebenden mit. Aus den Vermittlungsvorschlägen wählen die Arbeitgebenden geeignete Personen aus und melden dem RAV zurück, ob sie jemanden eingeladen oder eingestellt haben.
Wenn Arbeitgebende Personen einstellen, die bei einem RAV gemeldet oder bereits seit sechs Monaten im eigenen Unternehmen angestellt sind, entfällt die Stellenmeldepflicht. Ebenfalls nicht meldepflichtig sind kurzfristige Einsätze, die maximal 14 Kalendertage dauern.
Mit der Meldepflicht, dem Informationsvorsprung und den Vermittlungsvorschlägen soll die öffentliche Arbeitsvermittlung gestärkt und die Arbeitslosigkeit gesenkt werden. Eine Zunahme der Anstellungen von inländischen Stellensuchenden soll schliesslich auch den Bedarf an ausländischen Arbeitskräften und somit die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt senken.
Liste der meldepflichtigen Berufsarten
Daher wurde die Stellenmeldepflicht im Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) festgelegt und in der Arbeitsvermittlungsverordnung (AVV) präzisiert. In der Einführungsphase bis Dezember 2019 galt zur Bestimmung der meldepflichtigen Berufsarten ein erhöhter Schwellenwert der Arbeitslosenquote (ALQ) von 8%. Seit 2020 beträgt der Schwellenwert 5%. Die Liste der meldepflichtigen Berufsarten wird jeweils im 4. Quartal eines Jahres vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) aktualisiert und gilt für die Dauer vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des nachfolgenden Jahres.
Die meldepflichtigen Berufsarten werden anhand der durchschnittlichen gesamtschweizerischen ALQ vom 4. Quartal des Vorjahres bis und mit dem 3. Quartal des laufenden Jahres für das Folgejahr berechnet. Die Liste der meldepflichtigen Berufsarten ist auf dem Portal der Arbeitslosenversicherung und der öffentlichen Arbeitsvermittlung arbeit.swiss abrufbar. Weitere Informationen zur Stellenmeldepflicht sowie Empfehlungen für Arbeitgebende finden sich im Kasten.
Weiterführende Informationen zur Stellenmeldepflicht
Auf dem Portal der Arbeitslosenversicherung und der öffentlichen Arbeitsvermittlung arbeit.swiss finden Sie:
- ein Erklärvideo zur Stellenmeldepflicht, FAQ, Flyer, die Vollzugsweisung über die öffentliche Arbeitsvermittlung (AVG-Praxis öAV), Berichte zum Vollzugsmonitoring und zu Evaluationen und vieles mehr,
- die aktuelle Liste mit den betroffenen Berufsarten sowie den zugeordneten Berufsbezeichnungen,
- den Check-up zur Prüfung, ob die zu besetzende Stelle meldepflichtig ist oder nicht. Dafür geben Sie den gesuchten Berufstitel im Check-up ein. Falls die gesuchte Berufsbezeichnung im Check-up nicht gefunden wird, hilft Ihnen das zuständige RAV bei der Identifikation der geeigneten Berufsbezeichnung für die Stellenausschreibung weiter.
Empfehlungen für Arbeitgebende
- Registrieren Sie sich auf arbeit.swiss, und profitieren Sie von der für Sie kostenlosen Stellenvermittlung: Sie melden eine offene Stelle und erhalten vom RAV Vermittlungsvorschläge, und Sie können Kandidatinnen und Kandidaten suchen und kontaktieren.
- Formulieren Sie ein Inserat so spezifisch wie möglich, damit Ihnen möglichst genaue Dossiers zugestellt werden können. Sie können einmal platzierte Inserate duplizieren und abändern und müssen sie so nicht jedes Mal neu hochladen.
- Nehmen Sie persönlich Kontakt mit dem für Sie zuständigen RAV auf. Informieren Sie die für Sie zuständige Person über Ihre firmenspezifischen Bedürfnisse.
- Legen Sie die Bestätigung, die Sie vom RAV bei einer Stellenmeldung erhalten, im Personaldossier der angestellten Person ab. So können Sie im Falle einer Arbeitsmarktkontrolle den Nachweis erbringen, dass Sie korrekt gehandelt haben.
Der Stellenmeldepflicht unterliegen vor allem Berufsarten aus der Gastronomie, dem Bau, der Industrie und den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen. Bei einem grossen Teil der Meldungen an die RAV werden Hilfsarbeitskräfte oder Personen im Service gesucht. In den Jahren 2020 und Anfang 2021 ist die Arbeitslosigkeit Corona-bedingt stark angestiegen. Dementsprechend unterstanden in den Folgejahren 2021 und 2022 deutlich mehr Berufsarten der Stellenmeldepflicht als in den Jahren zuvor. Die anschliessende arbeitsmarktliche Erholung widerspiegelt sich in der Liste der meldepflichtigen Berufsarten. Folglich fallen im Jahr 2023 wieder deutlich weniger Berufsarten unter die Stellenmeldepflicht.
Mehr Transparenz im Stellenmarkt dank Meldepflicht
Das Seco liess die Wirkung der Stellenmeldepflicht auf Arbeitslosigkeit und Zuwanderung sowie den Vollzug in der Einführungsphase mit vier Evaluationen vertieft untersuchen. Die beiden Wirkungsevaluationen konnten keinen statistisch signifikanten Effekt auf die Arbeitslosigkeit und die Zuwanderung feststellen. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Arbeitslosenquote 2019 tief war und keine Stellenknappheit herrschte. Zudem unterlagen aufgrund des erhöhten Schwellenwerts wenige Berufsarten der Meldepflicht.
Mit zwei Monitoring-Evaluationen wurde zudem die Umsetzung der Stellenmeldepflicht genauer untersucht. Beide zeigten einen starken Anstieg der Meldungen nach Inkrafttreten der Stellenmeldepflicht. Als Faktoren für eine erfolgreiche Vermittlung durch die RAV identifizierten die Evaluationen unter anderem die Qualität der Kandidatendossiers sowie die rasche Übermittlung von mindestens einem Vermittlungsvorschlag. Gute Beziehungen zwischen den RAV und den Arbeitgebenden erwiesen sich als zentral. Positive Erfahrungen der Arbeitgebenden erhöhten die Bereitschaft, Stellensuchende der RAV einzustellen.
Seit 2019 wird jährlich ein Monitoringbericht zur Überprüfung des gesetzeskonformen und effizienten Vollzugs der Stellenmeldepflicht erstellt. Am 26. Mai 2023 wurde der vierte Monitoringbericht veröffentlicht. Gemäss diesem konnte die Stellenmeldepflicht, wie in den Jahren zuvor, auch im Jahr 2022 insgesamt erfolgreich umgesetzt werden. Weiter hat die Stellenplattform «Job-Room» der öffentlichen Arbeitsvermittlung für Arbeitgebende und Stellensuchende an Bedeutung gewonnen. Durch den Anstieg der Arbeitslosenquote während der Corona-Krise im Jahr 2020 und 2021 unterstanden auch 2022 viele Berufsarten der Meldepflicht. Im Jahr 2022 wurden den RAV über 475000 meldepflichtige Stellen gemeldet, die meisten davon aus der Baubranche, der Industrie und der Gastronomie. Die Stellenmeldungen aus dem Handel haben stark zugelegt. Nach dem Höchststand der Arbeitslosigkeit im Januar und Februar 2021 (ALQ 3.7%) ist die ALQ und damit die Zahl der bei den RAV gemeldeten Stellensuchenden zwar rasch und stark gesunken. Trotzdem ist es im Rahmen der Stellenmeldepflicht gelungen, mehr als 8000 Stellensuchende erfolgreich zu vermitteln. Diejenigen, die den Informationsvorsprung über die Stellenplattform selbständig nutzen, sind dabei nicht mitgezählt.
Take Aways
- Grenzgänger und in der Schweiz wohnhafte Stellensuchende, die bei den RAV gemeldet sind, erhalten bei meldepflichtigen Stellen einen Informationsvorsprung und aktive Unterstützung der RAV.
- Meldepflichtig sind Stellen für Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote ab 5%. Das Seco publiziert die entsprechende Liste jeweils im 4. Quartal für das Folgejahr.
- Arbeitgebende müssen meldepflichtige Stellen den RAV melden. Nach einer fünftägigen Frist dürfen die Stellen öffentlich ausgeschrieben werden.
- Qualitative Kandidatendossiers sind ebenso Erfolgsfaktoren für die Vermittlung wie gute Beziehungen zwischen den RAV und den Arbeitgebenden.