
Kolumne: Vor- und Nachteile des Sicherheits-Bias
Sicherheitsverzerrungen führen zu vorsichtigen Entscheidungen, die nicht die besten Optionen sind.
Ein eindrückliches Beispiel für unbewusste Vorannahmen (Unconscious Bias) findet sich in der Blind-Spot-Studie der Harvard University. Diese Studie untersucht, wie unbewusste Vorurteile unsere Wahrnehmung und unsere Entscheidungen beeinflussen können, insbesondere in Bezug auf Herkunft und Geschlecht.
In einem Experiment wurden Teilnehmende gebeten, eine Reihe von Bildern von Menschen zu betrachten und diese zu bewerten. Sie sollten die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass die abgebildeten Personen in bestimmten Berufen erfolgreich wären. Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmenden oft unbewusste Vorurteile hatten, die ihre Einschätzungen beeinflussten. So wurden weisse Männer häufiger als geeignet für Führungspositionen angesehen als Frauen und Personen anderer Nationalitäten oder anderer Hautfarbe.
Die als Resume-Experiment bekannte Studie «The Impact of Names on Job Applications» des National Bureau of Economic Research zeigte, dass Personen mit einem typisch weiblichen Namen (z.B. Emma) eine geringere Chance hatten, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden als Personen mit identischem Lebenslauf mit einem typisch männlichen Namen (z.B. Kevin). Das gilt auch für männliche Kandidaten mit Namen, die auf einen Migrationshintergrund hindeuten. Es darf davon ausgegangen werden, dass in der Schweiz ähnliche Mechanismen wirken.
Unbewusste Vorurteile sind tief in unseren Denkmustern verwurzelt und spielen sowohl in alltäglichen Situationen als auch in professionellen Kontexten eine Rolle. Die Herausforderung besteht darin, sich dieser Vorurteile bewusst zu werden und Strategien zu entwickeln, sie zu erkennen und zu überwinden.
Ein fiktives Praxisbeispiel: Techinnovate, ein mittelgrosses Technologieunternehmen, stellte fest, dass der Grossteil der eingestellten Bewerbenden männlich und weiss war, obwohl viele qualifizierte Frauen und Personen aus verschiedenen ethnischen Gruppen auf dem Arbeitsmarkt waren. Die Personalabteilung stellte fest, dass unbewusste Vorurteile der Rekrutierenden die Auswahl der Bewerbenden beeinflussten. Was tun?
Dank dieser Massnahmen konnte Techinnovate die Diversität seiner eingestellten Kandidierenden signifikant erhöhen. In den nächsten zwei Rekrutierungszyklen stieg der Anteil der Kandidatinnen um 30%, und die Anzahl der eingestellten Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund verdoppelte sich. Teamdynamik und Kreativität verbesserten sich, da unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen in die Arbeit einflossen.
Sicherheitsverzerrungen führen zu vorsichtigen Entscheidungen, die nicht die besten Optionen sind.
Um die tägliche Informationsflut zu bewältigen, reduziert unser Gehirn radikal – das ist effizient und hilfreich. Doch bei dieser Bewältigung nutzen wir unbewusst Vorurteile. Diese unbewussten Verzerrungen oder Biases können dafür verantwortlich sein, wenn bei Rekrutierungen oder Beförderungen die weiblichen Talente übersehen werden. Wie entstehen solche unbewussten Vorurteile, und wie können wir sie im Arbeitsalltag überwinden?
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