Erwerbsersatz für Zivildienst muss realistisch berechnet werden

Donnerstag, 18. August 2022
Die Berechnung des an Zivildienstleistende zu zahlenden Erwerbsersatzes muss auf einer realistischen Basis beruhen. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Bundesamts für Sozialversicherungen gutgeheissen, die sich gegen die Höhe des Ersatzes für einen jungen Mann mit Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften richtete. Die Basler Justiz hatte sich auf das Salär eines Ökonomen gestützt.

Während seines Studiums hatte der Mann acht Monate als Aushilfe im Verkauf gearbeitet. Im Juli 2016 erwarb er einen Bachelorabschluss in Wirtschaftswissenschaften. Anschliessend leistete er zwischen August 2016 und Mai 2017 seinen Zivildienst. Die Ausgleichskasse Handel Schweiz sprach ihm auf der Grundlage eines Praktikantenlohns von 2600 Franken pro Monat ein Taggeld von 62 Franken zu.

Wie aus einem Urteil des Bundesgerichts hervor geht, wurde das Taggeld nach einer Beschwerde des Mannes vor dem Kantonsgericht Basel-Landschaft auf 160 Franken erhöht. Als Basis für die Berechnung diente der Lohn, der Bachelor-Absolventen in Wirtschaftswissenschaften üblicherweise gezahlt wird. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) focht diesen Entscheid beim Bundesgericht an.

Hypothetisches Einkommen

In einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil stützt das Bundesgericht die Position des BSV. Die Erwerbsausfallentschädigung ist nach dem Lohn zu bemessen, den die versicherte Person vor dem Einrücken in den Dienst erhalten hat. Bei Personen, die nach ihrer Ausbildung sofort in den Dienst eintreten, ist auf das Einkommen abzustellen, das sie hätten erzielen können.

Im vorliegenden Fall hatte die Basler Justiz festgestellt, dass die zahlreichen Bewerbungen des Zivildienstleistenden seine Absicht belegten, nach Abschluss seiner Ausbildung den Beruf des Wirtschaftswissenschaftlers auszuüben. Auch wenn ein direkter Zugang zu einer solchen Funktion nach einem Bachelor-Abschluss schwierig sein könne, sei er grundsätzlich möglich.

Realistische Möglichkeiten

Laut Bundesgericht ist diese Argumentation etwas zu kurz gegriffen, da sie nicht auf die Frage eingeht, welche Möglichkeiten dem Versicherten tatsächlich zur Verfügung standen. Die Feststellung des Kantonsgerichts Basel-Landschaft über die Schwierigkeit eines direkten Zugangs zum Beruf des Ökonomen zeige, dass Bachelorabsolventen in der Regel mit einem Praktikum beginnen würden. Tatsächlich habe sich der Absolvent erfolglos auf zahlreiche Stellen als Wirtschaftswissenschaftler beworben. Darüber hinaus habe er unmittelbar nach seinem Zivildienst ein fast einjähriges Praktikum absolviert.

Unter diesen Umständen sei es sehr wahrscheinlich, dass er dies auch ohne seine Zivildienstzeit getan hätte, schreibt das Bundesgericht. Deshalb müsse die Erwerbsausfallentschädigung auf der Grundlage eines Monatslohns von 2600 Franken berechnet werden, wie es die Ausgleichskasse getan habe. (Urteil 9C_586/2021 vom 2.8.2022) (sda)

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