Die Fairplay-Studie 2025 der Zürich Versicherung bringt es nüchtern auf den Punkt: Nur 43 % der Befragten kennen den Begriff «Koordinationsabzug» – und nur ein Teil davon versteht auch seine Konsequenzen. Bei den Frauen geben gar nur 17 % an, sich gut über ihre Altersvorsorge informiert zu fühlen. Eigenverantwortung? Ja, theoretisch. Praktisch fehlt es an allem, was sie möglich macht: Übersicht, Verständlichkeit, Handlungsoptionen.
Diese strukturellen Lücken zeigen sich nicht nur als Zahlen in einer Studie – sie wurden auch beim diesjährigen Vorsorge-Symposium ganz konkret spürbar. Die von vps.epas – dem Herausgeber von Penso – organisierte Veranstaltung am 5. Juni stand unter dem Titel: «Die Versicherten und ihre Perspektiven – neue Bedürfnisse, neue Kommunikation, neue Geschäftsmodelle?» Sie bot damit einen idealen Rahmen, um genau diese Spannungsfelder sichtbar zu machen.
Im Rahmen der gemeinsam mit Hans-Jörg Scheitlin vom Verein BVG digital gestalteten Präsentation zum digitalen Vorsorgeausweis (digVA) stellte Michael Dritsas, Präsident des Verbands Digitalversicherung Schweiz (VDVS) und CEO von Vlot, die Frage: «Wissen Sie, wie hoch Ihre aktuelle Vorsorgelücke im Alter wäre?» In der Mentimeter-Umfrage gaben 23% der rund 100 Teilnehmenden an, keine Lücken zu haben, 31% antworteten mit «Ja», 28% sagten «Ungefähr» und 19% «Nein».
Ein Moment der Ehrlichkeit – und ein Moment der Erkenntnis. Denn selten zeigt sich der innere Widerspruch eines Systems so deutlich wie hier: Die berufliche Vorsorge setzt auf Eigenverantwortung. Sie verlangt mündige Entscheidungen, langfristige Planung, finanzielle Kompetenz. Aber sie schafft die hierfür nötigen Voraussetzungen nicht.
Das wäre an sich schon bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist, wer gefragt wurde: Fachexperten. Menschen, die sich beruflich mit der 2. Säule befassen. Mit Produkten, Plattformen, Regulierung. Die Strategien entwerfen, Prozesse digitalisieren und Lösungen entwickeln. Und dennoch: Fast die Hälfte von ihnen kennt die eigene Vorsorgesituation nicht genau. Ein gutes Beispiel für die Sperrigkeit des Themas.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Die Fairplay-Studie zeigt zudem: Nur 24 % der unter 35-Jährigen fühlen sich überhaupt zuständig für ihre Altersvorsorge. Sie verorten die Verantwortung eher beim Arbeitgeber. Und gleichzeitig sind fast 60 % davon überzeugt, dass die AHV für ihre Generation nicht mehr in vollem Umfang tragfähig sein wird. Es herrscht also nicht Gleichgültigkeit, sondern ein strukturelles Gefühl der Ohnmacht. Die Lücke zwischen Verantwortung und realer Gestaltungsmöglichkeit wächst – und mit ihr die Gefahr, dass das Schweizerische Vorsorgesystem an Vertrauen und Relevanz verliert.
Diese Wahrnehmung ist nicht auf die breite Bevölkerung beschränkt. Auch unter den Fachleuten am Vorsorge-Symposium zeigt sich ein ähnliches Bild: 86% der Teilnehmenden sind der Meinung, dass bestehende Vorsorgeportale nicht ausreichen. 84% wünschen sich mehr Self-Service-Angebote, um Eigenverantwortung zu fördern. Und 52% finden: Ein ganzheitliches Vorsorge-Dashboard sollte vom Bund kommen.
Es herrscht also breite Einigkeit: Die Menschen brauchen eine systemübergreifende Übersicht über ihre berufliche Vorsorge. Und tatsächlich tut dies dringend not, wie die nachfolgenden Ergebnisse deutlich machen.