Kolumne: Der mutige Wurf bei der AHV fehlt

Mittwoch, 23. Juli 2025 - Beatrix Bock
«Stabilisieren» und «Modernisieren» sind die neuen Schlagworte der Reform AHV 2030. Mit Blick auf die bevorstehende Geldlücke handelt es sich primär um eine Finanzierungsrevision, die uns bald schmackhaft gemacht werden soll. Während ein höheres Referenzalter ausgeklammert wird, soll wacker länger gearbeitet werden. Die zusätzlichen Einnahmen werden alle belasten.

Häppchenweise und mit viel Statistiken unterlegt wird über die bevorstehende Geldlücke in der AHV berichtet. Da spielt es fast keine Rolle, wann es 3 Millionen Rentner und Rentnerinnen geben wird. Ob die Babyboomer mit 65, früher oder später in Rente gehen, bedeutet lediglich eine leichte Modifikation der Ausgabenkurve. Selbst die Einsparungen durch die Weiterarbeit der Frauen um ein Jahr werden hurtig konsumiert.

Wen wundert es? Wer blauäugig den vollmundigen Versprechen der praktisch geschenkten 13. AHV-Rente glaubt, sieht sich nun eines Besseren belehrt. Glücklicherweise setzt das Erinnerungsvermögen rasant aus, wenn die 13. AHV-Rente bald in der Tasche landet, solange der eigene Geldbeutel verschont bleibt. Schliesslich steht schon die weitere Rentenerhöhung mit dem Wegfall der Plafonierung der Ehepaarrente vor der Tür. Da bereits heute die Mehrheit dafür ist, können wir lange mit dem Sparhammer herumfuchteln, wenn das Volk es dann gerne so hätte.

Nun wurde von Bundesbern verkündet, dass es höhere Einnahmen braucht und auf die bestehenden Finanzierungsquellen zugegriffen wird. Neue Finanzierungsquellen werden nicht berücksichtigt – darüber darf kräftig gestritten werden –, das Wunder der sprudelnden Geldquelle sind sie nicht, und ihre Nachteile offenbaren böse Über­raschungen. Es darf tapfer um höhere Lohnbeiträge und höhere Mehrwertsteuern gekämpft werden. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es für alle teurer wird. Einzig die Rentner und Rentnerinnen werden unter dem Strich mehr haben.

 

«Einzig die Rentner und Rentnerinnen werden unter dem Strich mehr haben.»

Positiv sind die individuell angerechneten Erziehungs- und Betreuungsgutschriften zu werten. Das heutige System ist tatsächlich veraltet. Künftig sollen die Gutschriften an diejenigen gehen, die sich um die Kinder gekümmert haben.

Verschoben werden die Erhöhung des Referenzalters sowie die zivilstandsunabhängige Vorsorge. Dafür fehlt der Mut, auch weil die Stimmbevölkerung gern mehr Rente, aber sicher nicht länger arbeiten möchte. Zwar bleibt das Referenzalter tabu – aber weiterarbeiten sollen wir trotzdem. Die Weiterbeschäftigung über das Referenzalter hinaus soll daher gefördert und das AHV-Höchstalter 70 aufgehoben werden. Ob die Erhöhung des Freibetrags den Durchbruch bringt, darf bezweifelt werden. Auch den attraktiven Frühpensionierungen geht es an den Kragen. Nun werde ich heute schon offiziell von Bundesbern zur Weiterarbeit aufgefordert!?

Es bräuchte Mut, der Bevölkerung die Gesamtschau der AHV zu präsentieren und endlich die gesamten Fakten auf den Tisch zu legen – wer will das schon? Wir glauben ganz offensichtlich unbeirrt daran, dass wir gratis mehr beziehen können. Irgendein Topf hat sich schon immer finden lassen. Das wird bei der AHV nicht funktionieren, wie wir längst wissen. Lieber hinterlassen wir Berge von Schulden, sprengen die Generationensolidarität und lachen uns heimlich ins Fäustchen, wenn wir am Schluss eine Extrarente bekommen. Kommt dann die dicke Rechnung, braucht es nur den Ruf nach Entlastung an allen Ecken, und schon gibt es nochmals ein Geschenkli.

Die Ausgabenlust kennt weit über die AHV keine Grenzen, als ob Sparen die Invasion des Bösen wäre. Einnahmen braucht es – wer sagt es der Bevölkerung? Weiter geht es im Herbst zur Reform AHV 2030.

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