Amt verpasst Frist: Arbeitsloser muss Taggelder nicht zurückzahlen

Dienstag, 11. Oktober 2022
Ein erwerbsloser Neuenburger muss keine Taggelder zurückerstatten, obwohl er sich vor seiner Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung nicht um eine neue Stelle bemühte. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Die Arbeitslosenkasse versäumte, dem Mann die entsprechende Sanktion innerhalb der sechsmonatigen Frist rechtsgültig zuzustellen.

Der damals 29-jährige Beschwerdeführer meldete sich am 24. März 2020 arbeitslos, ohne zuvor eine neue Stelle gesucht zu haben. Mit einer E-Mail informierte er Ende September das zuständige Amt des Kantons Neuenburg über seinen Wohnsitzwechsel.

Gleichzeitig teilte er diesem mit, er gehe davon aus, dass die Behörde auf eine Sanktionierung seiner unterlassenen Stellensuche verzichte, da er keinen entsprechenden Entscheid erhalten habe.

Drei Tage später teilte ihm das Amt mit, dass ihm die Entscheidung über die Aussetzung der Taggelder am 13. August per E-Mail übermittelt worden sei. Am 9. Oktober erhielt der Arbeitslose per Einschreiben den Bescheid, mit dem die Leistungen für acht Tage ausgesetzt wurden. In der Folge wurde er aufgefordert, rund 900 Franken an zu Unrecht bezogenen Taggeldern zurückzuzahlen.

Sechsmonatige Frist

Nachdem die Behörde und das Neuenburger Kantonsgericht die Beschwerde des Betroffenen abwiesen, gelangte er ans Bundesgericht. In einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hält dieses fest, dass der Anspruch auf Entschädigung ausgesetzt werde, wenn ein Versicherter nicht alles Zumutbare unternehme, um eine angemessene Arbeit zu finden.

Das Bundesgericht betont jedoch, dass die Aussetzung der Leistungen innerhalb von sechs Monaten erfolgen müsse. Diese Frist beziehe sich auch auf die Möglichkeit, den Anspruch auf Entschädigung nachträglich auszusetzen.

Weder nichtig, noch inexistent

Die Neuenburger Justiz erachtete es als erwiesen, dass am 13. August tatsächlich eine E-Mail verschickt worden war. Auch wenn diese Mitteilung nicht ordnungsgemäss war, sei sie nicht als «nichtig oder nicht existent» zu betrachten. Sie habe ihre Wirkung also entfaltet, obwohl die reguläre Mitteilung - per Einschreiben - Anfang Oktober und damit nach Ablauf der sechsmonatigen Frist versandt worden sei.

Die Bundesrichter erinnern nun daran, dass gemäss Rechtsprechung eine Entscheidung, die nicht rechtsgültig zugestellt wurde, keine Rechtswirkung habe. Mit anderen Worten: Der Adressat kann nur dann an eine Entscheidung gebunden sein, wenn er von ihr Kenntnis hat.

Im vorliegenden Fall erfolgte die reguläre Mitteilung erst am 9. Oktober. Zu diesem Zeitpunkt war das Recht verwirkt, die Vollstreckung der Sanktion zu verlangen. Somit konnte die Behörde nicht die Rückzahlung der bereits gezahlten Entschädigungen verlangen. (sda)

Urteil 8C_233/2022 vom 14.9.2022

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