Führungskräfte mit digitaler Affinität gesucht

Dienstag, 04. Februar 2025 - Caterina Azzarito-Cosentino
«Menschenorientierte Führungskraft mit digitaler Affinität und wirkungsvoller Kommunikation.» So beschreibt eine Vorstudie die Schlüsselkompetenzen von Führungspersonen, die digitale Transformation in der eigenen Organisation erfolgreich unterstützen sollen. In der Sozialversicherungsbranche wird der Fokus weiterhin auf fachliche Expertise gelegt, während Zukunftskompetenzen vernachlässigt werden.

Die Welt ist volatiler und komplexer als noch vor einigen Jahren. Das fordert die Sozialversicherungsbranche heraus, eröffnet aber gleichzeitig ein enormes Potenzial, um administrative Hürden und Kosten zu senken. Die digitale Transformation bezeichnet die Veränderung, die Unternehmen durch den Einsatz digitaler Technologien erleben. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung von vollautomatisierten Prozessen und digitalen Plattformen, die es ermöglichen, Kundendaten effizienter zu verwalten und zielgerichtete Dienstleistungen zu erbringen. Sie beinhaltet auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Trends. Nicht alle Sozialversicherungszweige sehen die Digitalisierung als prioritäre Aufgabe. Dies liegt teilweise an geltenden gesetzlichen Vorgaben, die die Umsetzung digitaler Lösungen erschweren, aber auch am unterschiedlich ausgeprägten Marktdruck.

Entschlossen in Zukunft blicken

Um die digitale Transformation voranzubringen, benötigt es Führungskräfte, die den Blick entschlossen auf die Zukunft richten und Mitarbeitende für diese Herausforderung motivieren können. Sie müssen offen, flexibel und anpassungsfähig sein. Für das Schaffen von Innovation und Kreativität sollten geeignete Instrumente bekannt sein. Letztlich erfordert die Umsetzung von Innovationen auch die Fähigkeit, Risiken einzugehen und sich auf Experimente einzulassen. Nur so können Unternehmen ihr Potenzial voll ausschöpfen und wettbewerbsfähig bleiben.

Darüber hinaus wird eine gewisse digitale Affinität vorausgesetzt. Diese Kompetenz darf nicht nur bei der Führungskraft liegen, sondern muss auch auf Teamebene gefördert und verankert werden. Wichtig ist, die Mitarbeitenden nach Veränderungen zu unterstützen und sicherzustellen, dass neue digitale Werkzeuge und Prozesse im Arbeitsalltag integriert werden. Führungskräfte von morgen müssen den Wandel überzeugend vermitteln, als Sparringpartner agieren, über Coachingfähigkeiten verfügen sowie Kommunikation auf Augenhöhe vorleben. Change-Projekte müssen somit in all ihren Facetten begleitet werden. Selbstreflexion, kontinuierliche Weiterentwicklung und eine resiliente Haltung sind genauso zentral.

Führungskräfte, die diese Herausforderungen proaktiv angehen und ihre Mitarbeitenden effektiv auf dem Weg in die digitale Zukunft mitnehmen, werden langfristig erfolgreich sein.

Fachwissen allein reicht nicht mehr

Angesichts der wachsenden Komplexität der Aufgaben müssen bereits bei der Rekrutierung diese zielführenden Kompetenzen angesprochen werden. Die Analyse der Stellenanzeigen zeigt jedoch, dass für Führungspositionen häufig Fachspezialisten gesucht werden, die komplexe Fallkonstellationen lösen und als Ansprechpartner für fachliche Fragen dienen. Die Anforderung einer bestehenden oder angestrebten fachlichen Weiterbildung in rund der Hälfte der Inserate unterstreicht den Wunsch nach Fachexpertise.

Es stellt sich die Frage, ob die Ausrichtung auf reine Fachkompetenz ausreichend ist, um den digitalen Wandel zu bewältigen. Nur in weniger als einem Drittel der Anzeigen werden Kompetenzen verlangt, die eine digitale Transformation unterstützen. Die Diskrepanz zwischen Studien und Stellenanforderungen zeigt, dass viele Unternehmen möglicherweise nicht optimal auf den digitalen Wandel vorbereitet sind.

Eine rein fachlich orientierte Führung ermöglicht schnelle, präzise und fachlich korrekte Entscheidungen. Jedoch kann es eine Herausforderung sein, den strategischen Weitblick für veränderte Situationen über den eigenen Fachbereich hinaus zu gewährleisten. Wiederkehrende Kundenanfragen bieten beispielsweise die Chance, Kundentrends zu erkennen. Dafür sind eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und die Berücksichtigung der Customer Experience entscheidend, um benutzerfreundlichere End-to-End-Prozesse zu gestalten.

Zukunftskompetenzen fördern

Fachliches Wissen und Zukunftskompetenzen unterscheiden sich deutlich in ihrer Aneignung und Entwicklung. Während Fachwissen oft durch gezielte Ausbildung und praktische Erfahrung erworben werden kann, setzt die Förderung von Zukunftskompetenzen wie Adaptabilität, kritischem Denken, Innovationsfähigkeit und emotionaler Intelligenz eine kontinuierliche persönliche und berufliche Entwicklung voraus. Diese komplexen und oft weniger greifbaren Fähigkeiten hängen stark von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen, Erfahrungen und der Lernbereitschaft des Einzelnen ab.

Unternehmen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer sich rasch wandelnden Wirtschaftswelt bewahren und sogar ausbauen wollen, müssen daher verstärkt in den Aufbau und die Förderung dieser Zukunftskompetenzen investieren. Nur so können sie die digitale Transformation gewinnbringend unterstützen und innovative Lösungen für zukünftige Herausforderungen entwickeln.

Führungskräfte spielen hierbei eine besonders wichtige Rolle, da sie als Vorbilder fungieren und durch ihr eigenes Verhalten und ihre Einstellung den Aufbau dieser Kompetenzen in der gesamten Organisation fördern können. Daher ist es essenziell, dass Unternehmen ihren Führungskräften die nötigen Werkzeuge bereitstellen, um ihre eigenen Zukunftskompetenzen zu stärken und an deren Weiterentwicklung zu arbeiten.

Um im digitalen Zeitalter markt- und innovationsfähig zu bleiben, sollten Sozialversicherer ihre Personalpolitik überdenken und verstärkt Führungskräfte mit Schlüsselkompetenzen für den digitalen Wandel gewinnen. Ein gemeinsames Verständnis der digitalen Transformation im Unternehmen ermöglicht eine gezieltere Definition der benötigten Fähigkeiten der Führungskräfte. Dieses Wissen, durch konstante Weiterbildung gefördert oder in Stellenausschreibungen berücksichtigt, führt schneller zur idealen Führungsperson. Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl fachliche als auch überfachliche Qualifikationen systematisch aufbaut, können Unternehmen die Herausforderungen der Zukunft meistern.

Quelle: Azzarito, C. (2024). Vorstudie über die ­erforderlichen Schlüsselkompetenzen der Führung für eine erfolgreiche digitale Transformation im Sozialversicherungsumfeld. HWZ.

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