Wenig Fluktuationen bei der IV, grössere Dynamik bei der Sozialhilfe und der Arbeitslosenversicherung

Montag, 19. Juni 2023
Neue Längsschnittindikatoren des Bundesamtes für Statistik zeigen die unterschiedlichen Verläufe im System der sozialen Sicherheit im Jahr 2021.
Neue Längsschnittindikatoren zu den Verläufen im System der sozialen Sicherheit zeigen für das Jahr 2021 einen leichten Rückgang (–0.3%) der Anzahl Personen, die Taggelder der Arbeitslosenversicherung, Renten der Invalidenversicherungen oder Sozialhilfeleistungen bezogen. Die Zahl der Personen, die innerhalb eines Jahres mehrere Leistungen beanspruchten, ist 2021 um 3.9% angestiegen, während eine Typologie der Leistungsbeziehenden zeigt, dass Personen mit Drehtüreffekt deutlich in der Minderheit sind (2.3%).
 
Die neuen Indikatoren wurden erstellt, damit die Wechselwirkungen und Übergänge zwischen den drei Leistungsarten im System der sozialen Sicherheit, also zwischen Arbeitslosenversicherung (ALV), Invalidenversicherung (IV) und Sozialhilfe (SH), besser analysiert werden können. Mit den Indikatoren lassen sich die Anzahl der Leistungsbeziehenden in einem bestimmten Jahr und ihre Entwicklung im Laufe der Zeit ermitteln, typische Verläufe analysieren sowie Systemeintritte, -austritte und Übergänge der Personengruppen untersuchen. Dank der Indikatoren können ein genaueres Bild der Verläufe im System der sozialen Sicherheit gezeichnet und Fragen zu den Zusammenhängen zwischen drei wichtigen Sozialleistungssystemen beantwortet werden. 
 
2021 bezogen gut 713700 Personen Sozialleistungen, das sind etwas weniger als im Vorjahr (-0.3%). 43.7% der Leistungsbeziehenden nahmen ALV-Taggelder, 30.7% eine IV-Rente, 21.1% Sozialhilfe und 4.5% kombinierte Leistungen aus mindestens zwei dieser drei Systeme in Anspruch. Der Anteil der Monate mit Leistungsbezug parallel zu einem Erwerbseinkommen lag bei 32.5% für ALV-Taggeldbeziehende, 26.5% für IV-Rentenbeziehende und 24.8% für Sozialhilfebeziehende. 
 

Grössere Dynamik bei der Sozialhilfe und der ALV als bei der IV

 
Die Zugangs- und Abgangsdynamik unterscheidet sich je nach Leistungssystem stark. Die Eintritts- und Austrittsanteile sind in der Arbeitslosenversicherung eher hoch (2020: 59.6% bzw. 42.5%), was auf eine hohe Fluktuation in diesem Leistungssystem hinweist. Demgegenüber fallen die entsprechenden Anteile bei der Invalidenversicherung deutlich tiefer aus (durchschnittlich 7.4% bzw. 7.6%), die Ein- und Austrittsströme sind hier stabiler. Zwischen diesen beiden Systemen liegt die Sozialhilfe mit einem Eintrittsanteil von 25.1% und einem Austrittsanteil von 25.7%. Diese Dynamiken lassen sich auch anhand des Verbleibs im Leistungssystem beobachten. 
 
Ein Jahr nach Eintritt beträgt der Anteil der Personen, die im Leistungssystem verbleiben, bei der Arbeitslosenversicherung 40.1%, bei der Sozialhilfe 59.4% und bei der Invalidenversicherung 91.2%. Auch die Rückkehrquote unterscheidet sich von einem Leistungssystem zum anderen: Der Anteil der Personen, die innerhalb von zwölf Monaten nach Austritt wieder eine Leistung beziehen, beträgt in der Arbeitslosenversicherung 25.1% und in der Sozialhilfe 14.6%. In der Invalidenversicherung ist die Rückkehr in das Leistungssystem äusserst selten (2%). 
 

Mehrheitlich kein vorgängiger Leistungsbezug  

 
Die neuen Indikatoren geben weiter Aufschluss über die Zusammenhänge zwischen Leistungsbezug, Erwerbsarbeit und anderen Situationen. In den sechs Monaten vor Eintritt in die Arbeitslosenversicherung, die Invalidenversicherung oder die Sozialhilfe bezog die Mehrheit der Personen keine Leistungen aus den beiden anderen Leistungssystemen. Die überwiegende Mehrheit (88.3%) der Personen, die 2020 in die Arbeitslosenversicherung eingetreten sind, waren zuvor erwerbstätig. Bei der Invalidenversicherung kamen 25.3% der Zugänge von der Sozialhilfe, 29.7% aus dem Erwerbsprozess und 32.6% hatten vorher weder Leistungen noch ein Einkommen bezogen. Dies widerspiegelt die Situation während des Zeitraums, der zwischen der Anmeldung eines Falles bei der Invalidenversicherung und der Gewährung einer IV-Rente liegen kann. Es kommt jedoch häufig vor, dass Betroffene vor Erhalt der ersten IV-Rente nicht arbeiten können. 
 
Von den Personen, die in die Sozialhilfe eintraten, waren 35.5% zuvor erwerbstätig, 34.8% bezogen weder Leistungen noch ein Einkommen und 11.2% erhielten Leistungen kombiniert mit einem Erwerbseinkommen. Betrachtet man die Situation nach dem Verlassen des Leistungssystems, so kehren die meisten Personen, die aus der Arbeitslosenversicherung ausscheiden, in den Arbeitsmarkt zurück (79.5%). Bei den Abgängen aus der Sozialhilfe sind es mit 45.9% deutlich weniger. Bei der Invalidenversicherung sind knapp zwei Drittel der Austritte (67.2%) Abgänge in die AHV. 
 

Drehtüreffekt bei 2.3% der Leistungsbeziehenden 

 
Es wurde eine Typologie erstellt, um die während zweier Jahre beobachteten Verlaufsprofile der Personen, die in das SHIVALV-Leistungssystem eingetreten sind, zu klassifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass nahezu drei Viertel der Personen (72%), die 2019 in das SHIVALV-Leistungssystem eingetreten sind, in den zwei Jahren nach ihrem Eintritt Leistungen aus einem einzigen Sozialsystem während einer einzigen Bezugsperiode bezogen haben. Ein Fünftel der Personen (20.6%) nahm ebenfalls lediglich Leistungen aus einem Sozialsystem in Anspruch, wies aber mindestens zwei Bezugsperioden mit einem zwischenzeitlichen Aus- und Wiedereintritt auf.
Zusätzliche Informationen finden Sie in der PDF-Datei des Bundesamtes für Statistik.

Artikel teilen


Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Folgen sie uns auf